Warum sollten Stimulanzien in der ADHS-Therapie normalerweise auch an Wochenenden und während den Ferien eingenommen werden?
Antwort:
ADHS - Behandlung : Stimulanzien (z.B. Ritalin) nicht am Wochenende oder in den Ferien absetzen
Damit auch Kindern mit einer ADHS die Chance haben, ein den Umständen entsprechendes Selbstbild aufbauen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Kinder positive Erfahrungen mit sich machen. Diese aufbauenden Erlebnisse sollen sie aufmerksam wahrnehmen, verarbeiten und im Langzeitgedächtnis abspeichern können. Sich an Positives erinnern zu können ist Seelennahrung auch für ADHS-Kinder.
Im familiären Kontext werden zudem grundlegende soziale Kompetenzen erworben. Es ist völlig unlogisch, wenn man die Selbststeuerungsfähigkeiten und Aufmerksamkeitsfunktionen dieser Kinder in der Schulzeit medikamentös verbessert, ihnen in der Freizeit diese Stützen aber vorenthält. Es ist, als würde man einem Kind mit einer ausgeprägten Sehschwäche in der Freizeit die Brille vorenthalten.
Für die Persönlichkeitsentwicklung aller Kinder ist es evident, dass sie sich selbst möglichst kohärent erleben. Nur so sind sie in der Lage, ein mehr oder weniger einheitliches Selbstbild und eine stimmige Identität aufzubauen. Kinder, die nur in der Schulzeit medikamentös unterstützt werden, erleben sich einmal so und einmal anders. Da haben sie Erfolge und im Familienleben "kracht" es.
Diese Problematik ist auch im Zusammenhang mit der kurzen Halbwertszeit vieler Stimulanzien zu berücksichtigen. Beispiel: Eine morgens verabreichte und tägliche einmalige Gabe eines Ritalin SR bedeutet, dass ab Mittag die Konzentration des Wirkstoffes Methyphenidat so stark abnimmt, dass am Nachmittag die Selbstkontroll- und Aufmerksamkeitsfunktionen nicht mehr genügend unterstützt werden. Da die Zeit nach der Schule (Familienleben, Hausaufgaben, soziale Kontakte in der Freizeit usw.) für das Leben eines Kindes wesentlich sind, sollte vor allem bei Fortbestehen von Problemverhalten in der Freizeit immer darauf geachtet werden, dass auch in diesen Zeiten die Selbstkontroll- und Aufmerksamkeitsfunktionen ausreichend gut medikamentös unterstützt werden können.
In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Verhaltensprobleme, welche trotz an sich erfolgreicher Therapie mit Stimulanzien fortbestehen, eben dadurch bedingt sind, dass in den Krisenzeiten keine oder keine ausreichend starke Wirkung der Medikamente vorhanden ist.
Wenn Sie vermuten, dass die Art und Höhe der Dosierung der Stimulanzien optimiert werden könnte, sollten Sie mit der zuständigen ärztlichen Fachperson Kontakt aufnehmen. In Eigenregie dürfen Art und Höhe der Dosierung nicht verändert werden.