Warum und in welchen Situationen tritt eine Essstörung zum Vorschein?
Antwort:
Heute sind die gleichen Ärzte, die damals Pioniere für diesen Ansatz waren, wesentlich vorsichtiger in bezug auf eine derartige Verantwortungszuschreibung. Vielmehr konnte gezeigt werden, dass Essstörungen sehr vielfältige Ursachen haben und dass in den Familien von Patientinnen mit Esstörungen einige recht typische Dinge gehäuft gefunden werden können:
- unterschiedliche Formen von Kommunikationsstörungen unter den Familienmitgliedern
- mehr oder weniger deutliche Unfähigkeit Gefühle wahrzunehmen oder zu akzeptieren
- intensive Beschäftigung mit Gewicht und Körperbild bei einigen Familienmitgliedern neben der eigentlichen Patientin
Unter den engen Verwandten von Patienten mit Essstörungen hat man ein gehäuftes Auftreten von anderen psychischen Störungen (affektive Störungen, Alkoholismus oder auch Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen) gefunden.
Allgemein kann man sagen, dass die Familie gewisse Veranlagungen und Voraussetzungen dafür setzt, dass ein Mensch eher unter einer emotionalen Störung und einer Form einer Essstörungen leidet, wenn er oder sie nicht ein stabiles und echtes Selbstbild entwickeln kann, dass folgende Charakteristika aufweist:
- ein realistisches Körperbild
- Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für Denken und Wahrnehmen
- deutliche Grenzen zwischen ihm/ihr und der Umwelt
- effektive Anpassungsstrategien für die Kontrolle von Impulsen, Gefühlen und Bedürfnissen
- ein vernünftigtes Selbstwertgefühl
- eine stabile Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung
- innere Stimmigkeit und das Gefühl von Individualität
Ein Mensch, der derartige Ressourcen nicht hat wird nur schwer seine Fähigkeiten angemessen umsetzen könenn und sich nur mit grossen Problemen Individualität und eigene Wertvorstellungen entwickeln. Das bedeutet, dass er oder sie in unterschiedlichem Ausmaß ein erhöhtes Risiko hat, unter der ein oder anderen Form von Problemen einschliesslich Essstörungen zu leiden.