Ritalin : Was muss man über Medikamente bei ADHS / ADS / HKS wissen?
Welche Warnungen sind bei Methylphenidat zu beachten?
Antwort:
Ritalin / Methylphenidat : Was muss ich wissen?
Die folgenden Warnhinweise zur medikamentösen Behandlung eines Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitätssyndroms u.a. mit Methylphenidat (z.B. Ritalin ) orientieren sich an einer Patienteninformation der amerikanischen FDA, die vermutlich so oder in ähnlicher Form demnächst auch für den deutschsprachigen Raum gelten werden.Wichtig : Diese Therapiehinweise können und sollen nicht die Aufklärung über die Behandlung durch einen Arzt ersetzen. Zudem werden nicht alle möglichen bekannten Nebenwirkungen aufgeführt, sondern speziell die in der Häufigkeit sehr seltenen - aber dafür möglicherweise auch gefährlichen - Komplikationen am Herzen bzw. bei psychiatrischen Komorbiditäten dargestellt.
Im allgemeinen ist die Behandlung mit Methylphenidat eine ausgesprochen sichere und lange bewährte Therapieform, die im Rahmen einer regelmässigen ärztlichen Absprache und psychotherapeutischen Begleitung erfolgen sollte. Längerfristige oder aber akut auftretende Nebenwirkungen sind ausgesprochen selten. Wenn jedoch Probleme auftreten, sollte man diese sehr ernst nehmen und handeln. Daher sind die folgenden möglichen Warnhinweise ernst zu nehmen
Lesen Sie die Behandlungshinweise gründlich bevor eine medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien bei ihrem Kind oder bei ihnen geplant ist. Wenn Sie irgendeine offene Frage oder Verständnisproblem haben, sprechen Sie dies bei ihrem Arzt unbedingt an!
Was sollte ich unbedingt über die Medikation mit Metyhlphenidat (z.B. Ritalin, Medikinet, Equasym, MethylpheniDAT, Concerta u.a.) wissen ?
Bei der langjährigen klinischen Anwendung von Methylphenidat zur Behandung von ADHS bzw. dem Hyperkinetischen Syndrom wurden zuletzt Warnungen in Hinblick auf mögliche Herzprobleme oder psychiatrische Komplikationen geäußert. Derzeit bleibt offen, ob dies wirklich Nebenwirkungen der Medikation oder aber ursächlich auf vorbestehende bzw. zusätzlich vorhandene Erkrankungen sind.
1. Herzerkrankungen
- Plötzlicher Tod bei Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen oder Defekten am Herzen
- Schlaganfall oder Herzinfarkte bei Erwachsene
- Erhöhter Blutdruck und Puls (Herzschlag)
Vor einer Behandlung mit Psychostimulanzien ist eine Untersuchung des Herzens auf entsprechende Probleme zu empfehlen (z.B. mit einem EKG, ggf. Echokardiographie und Belastungs-EKG)
Unter der Behandlung mit Psychostimulanzien sollte regelmässig der Blutdruck und der Puls kontrolliert werden.
Sollten Sie unter der Therapie mit Stimulanzien bei ihrem Kind oder sich selbst unklare Herzbeschwerden wie Brustschmerzen, Kurzatmigkeit oder Schwindelgefühle bemerken, sollte umgehend der Arzt informiert werden.
2. Psychiatrische Störungen
Ihr Arzt und Psychotherapeut sollte unbedingt über vorbestehende psychische Störungen und eine Familienanamese von psychiatrischen Problemen wie Selbstmordversuche, manisch-depressive Erkrankungen oder Depressionen informiert sein. Man schätzt, dass psychiatrische Komplikationen bei etwa 1 Patienten in 1000 Behandlungsfällen auftreten können.
Bei allen Patienten sollte man unter der Medikation darauf achten, ob
- aggressives Verhalten oder aber Denkstörungen neu auftreten
- Zeichen einer manisch-depressiven Erkrankung bestehen
- neue störende Verhaltensmuster oder Probleme auftreten
- neue psychotische Symptome (wie Stimmenhören, Wahnüberzeugungen oder Verfolgungsgedanken) oder aber neue manische Symptome auftreten
Informieren SIE den Arzt umgehend, wenn sie neue oder verstärkte psychische Probleme unter der Medikation mit Methylphenidat beobachten oder sich diesbezüglich unsicher sind.
3. Weitere mögliche Nebenwirkungen
Die meisten Nebenwirkungen bzw. unerwünschten Wirkungen von Methylphenidat sind auf die Anfangsphase (Einstellungsphase) beschränkt bzw. treten in der Phase auf, wenn die Wirkdauer des Medikamentes abklingt oder bereits zu Ende ist (sog. Rebound-Effekt). Häufige Nebenwirkungen sind :
- Appetitstörungen / Magendruck
- Übelkeit
- Benommenheit / Schwindelgefühle
- Kopfschmerzen (besonders bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr)
- Schlafstörungen (können aber auch durch Methylphenidat besser werden)
- vermehrte Traurigkeit / realistischere Selbst- und Fremdwahrnehmung mit Ausgrenzung bzw. Wahrnehmung von eigenen Problemen und Defiziten
- Wahrnehmung des eigenen Herzschlags / beschleunigter Puls
- Nervosität
- Sehstörungen / verschwommenes Sehen
- seltener Haarausfall (vorrübergehend)
Bei allen anderen unklaren Beschwerden oder Nebenwirkungen, die man selber in einen Zusammenhang mit der Medikation sieht, sollte man seinen Arzt oder Apotheker informieren.
Was ist Methylphenidat ?
Methylphenidat (z.B. in Ritalin, Medikinet, Equasym, Concerta und andere) gehört zu den Psychostimulanzien. Hauptanwendungsgebiet ist die Behandlung des sogenannten Hyperkinetischen Syndroms (HKS) bzw. ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit/ Hyperaktivitäts-Syndrom). Methylphenidat verbessert die Aufmerksamkeitsleistungen und sorgt für eine Besserung von Impulsivität und motorischer Unruhe (Hyperaktivität) bei Patienten mit ADHS.Die Medikation mit Methylphenidat sollte immer in einen Gesamtbehandlungsplan einbezogen sein, die eine ausführliche Aufklärung und Beratung über ADHS und Behandlungsoptionen sowie weitere Therapien (z.B. Elterntraining, ggf. Psychotherapie) einschliesst.
Methylphenidat gehört zu den sogenannten Betäubungsmitteln, d.h. kann nur über eine spezielle ärztliche Verordnung abgegeben werden. Bei unsachgemässer Anwendung (Missbrauch) kann es zu einer Abhängigkeitsentwicklung kommen. Daher muss die Medikation so aufbewahrt werden, dass eine Fehleinnahme oder Missbrauch durch andere Personen nicht möglich ist. Der Verkauf oder aber die Abgabe an Personen, die kein ADHS haben, kann zu Schäden führen und ist strafbar.
Der verordnende Arzt sollte über mögliche Suchtprobleme oder Vorbelastungen des Patienten oder weiterer Familienangehörige (Tablettensucht, Alkohol, illegale Drogen) informiert sein. Zudem sollten alle an der Behandlung (und etwaige Medikationsverschreibung) beteiligten Ärzte untereinander von der Therapie wissen.
Kontraindikationen gegen Stimulanzien : Wer sollte kein Methylphenidat einnehmen?
Die Einnahme von Methylphenidat darf nur nach der Diagnosestellung durch einen Arzt erfolgen. Die Voraussetzung für die Verordnung ist die Zuverlässigkeit der Bezugspersonen und die regelmässige Einnahme und Rücksprache mit den behandelnden Therapeuten.
In den vergangenenen Jahren (zuletzt Ende 2007) hat sich die Meinung über Kontraindikationen gegen eine Stimulanzientherapie nochmals aufgrund der Erfahrungen verändert. Grundsätzlich muss man immer die möglichen positiven Effekte der Therapie gegen mögliche Risiken abwägen. Dabei sollte man bedenken, dass auch (oder gerade) die Nichtbehandlung eines ADHS nach den Leitlinienempfehlungen zu ganz erheblichen "Nebenwirkungen" in Langzeitverlauf führt.
Absolute Kontraindikationen gegen Stimulanzientherapie = Keine Einnahme zu empfehlen
- Schizophrenie / akute Psychosen *
hierbei ist aber wichtig, dass die Diagnose wirklich gesichert ist. Psychotische Reaktionen können auch bei ADHS auftreten und können dann auch entsprechend medikamentös behandelt werden - Überfunktion der Schilddrüse (unbehandelt)
- Glaukom (erhöhter Augeninnendruck)
- Unbehandelte Herzerkrankungen im Sinne einer Angina pectoris
- Bluthochdruck (Hypertonus), der nicht entsprechend eingestellt ist
- Depressionen (auch hier ist die genaue Diagnostik bzw. Berücksichtigung der affektiven Labilität bzw. intermittierenden Dysphorie bei ADHS erforderlich)
- Tics (oder Familienanamnese eines Tourette-Syndroms)
- Geistige Behinderung
- Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
- Medikamenten-/Drogenmissbrauch im unmittelbaren Umfeld des Patienten oder des Patienten selber
In der Schwangerschaft oder beim Stillen sollte ebenfalls keine Medikation mit Methylphenidat erfolgen.
Die Gabe von Methylphenidat bei Kindern unter 6 Jahren sollte nur nach sehr sorgfältiger Abwägung erfolgen, da die Diagnosestellung schwierig ist. Eine medikamentöse Behandlung kann dann angezeigt sein, wenn Elterntraining bzw. kind-zentrierte Behandlungen allein keine Besserung ergeben haben. Neue Studien belegen, dass hier niedrigere Dosierungen erforderlich sein können.