Frage:
Wie spürt man die Wirkung von Antidepressiva ?
Antwort:
Leider gibt es eine ganze Reihe von Vorurteilen oder Ängsten zur medikamentösen Behandlung von Depressionen oder Angsterkrankungen mit Antidepressiva. Die Vorstellung ein Medikament einnehmen zu sollen, dass im Gehirn bzw. auf die eigene Stimmung, Gefühle, Verhalten oder etwa die Persönlichkeit Auswirkungen hat, ist offenbar für viele Menschen unheimlich.
Wie so häufig sind Vorurteile bzw. Ängste einerseits auf mangelnde Information über die Vor- und Nachteile dieser Behandlungsform geprägt oder aber durch meist recht einseitige Berichte von Einzelpersonen oder Gruppierungen, die Medikamente grundsätzlich ablehnen. Leider ist hier selten mit Argumenten Boden zu gewinnen....
Im Gegensatz zur weitverbreitetenden Vorstellung, dass Antidepressiva "Glückspillen" seien, die einen nur alles in "rosaroter Watte gepackt" sehen lassen, stimmt diese Vorstellung der Wirkung nicht mit der Erfahrung von Patientinnen und Patienten überein. Vielmehr treten die positiven Wirkungen der Medikation häufig eher innerhalb mehrerer Tage ein. Viele Patienten berichten dann, dass sie sich "wieder freier" oder "wieder wie früher" fühlen. Andere Patienten sprechen von einem "Nebel" oder einer "Mauer", die sich jetzt löst.
Um ehrlich zu sein, muss dies aber nicht immer so sein. Es gibt auch Patientinnen, die zunächst eine scheinbare Verschlechterung bzw. zunehmende Depressivität spüren. Dies gilt gerade für depressive Menschen, die eher ein "Gefühl der Gefühllosigkeit" und eine sehr starke Hemmung in Folge einer Depression verspüren. Mit der Rückbildung der Depression kann die Wahrnehmung von Gefühlen oder auch körperlichen Begleitsymptomen (z.B. Schlafprobleme, Magen-Darmbeschwerden, Schwindel) kurzzeitig verstärkt werden. Dies wird dann nicht selten allein als Nebenwirkung der Medikation angesehen. Letztlich findet man aber solche Phänomene auch bei Patientinnen, die allein psychotherapeutisch behandelt werden.
Noch wichtiger zu wissen : Gerade die Verwendung von eher antriebssteigernden Antidepressiva kann dazu führen, dass zwar die Aktivität und auch körperliche Leistungsfähigkeit bereits verbessert, Stimmung bzw. Denkmuster aber noch nicht ausreichend ausgeglichen sind. Dies birgt die Gefahr, dass Patienten aufkommende Selbstmordgedanken in die Tat umsetzen können. Zweifelos ist dies die allergrösste Sorge, die Psychiater in der Behandlung mit Antidepressiva fürchten bzw. in der Behandlung berücksichtigen. Zwar handelt es sich hierbei um ein sehr seltenes, aber eben doch wichtiges Problem!
Eine dritte Sorge, die man häufiger in Mitteilungen lesen kann, ist ebenfalls nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen - wird aber häufig zu pauschal verwendet. Immer wieder liest man, dass Antidepressiva eine manische Phase (massive Antriebssteigerung, Grössenideen und Verschwendungsneigung, hypersexualisiertes Verhalten etc) auslösen könnten. Dies muss man tatsächlich bei Patienten mit einer sog. Bipolaren Störung (manisch-depressiven Störung) mit in Erwägung ziehen. Für Patienten mit einer sog. unipolaren Depression (also alleinigen depressiven Phasen) gilt dies aber so nicht. Zwar kann durchaus nach einer depressiven Phase eine sog. "hypomane Nachschwankung" auftreten. Damit ist gemeint, dass eher eine Phase von besonders guter Stimmung und leicht gesteigertem Antrieb zu verzeichnen ist. Dies ist aber keinesfalls als Anzeichen einer Manie zu werten.