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Zusammenfassung : Letztlich verwenden viele Psychotherapeuten die Begriffe Erschöpfungsdepression und Burn out Syndrom nahezu synonym. Burnout verstehen wir eigenltich eher als einen Prozess, also eine Entwicklung und Reaktion auf Stress bzw. unaushaltbare Bedingungen z.B. im beruflichen wie auch privaten Umfeld (z.B. Pflege von Angehörigen), die sich häufig schon vorher durch Symptome wie innere Unruhe, Schlafstörungen oder anderen psychosomatischen Zeichen bemerkbar machten bevor sich schlussendlich in Depressionen münden. Häufig merken die Betroffenen, dass eine Krankschreibung bzw. Schonung keine Therapie der Erschöpfung ist. Vielmehr muss einerseits eine suffiziente Behandlung der Depression erfolgen, andererseits an den Entstehungsbedingungen und der aktuellen Belastungssituation gearbeitet werden.
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Neu : In meinem neuen Blog Seelenklempnerei habe ich mich mit dem Thema Zeitschuld bzw. Zeitarmut im Zusammenhang mit Burnout und Erschöpfungsdepression beschäftigt. Danach ist die Erschöpfung bzw. das Burnout-Syndrom auch als ungedeckter Kredit auf unserem Zeitwohlstandskonto zu verstehen. Erschöpfung bei Burnout ist dann als eine Störung im Bereich des sog. Default-Mode-Network zu verstehen. Es misslingt die Beseitigung von vielfältigen Stress- und Belastungserlebnissen des Tages (bzw. des Lebens) durch die körpereigenen Erholungs- und Stressbewältigungsmechanismen. Besonders die Störung des REM-Schlafs spielt dabei eine Rolle, da erholsamer Schlaf für die Verarbeitung enorm wichtig ist.
Betroffen von dieser neuen Zeit-Armut sind aber eben nicht nur Manager, sondern besonders Alleinerziehende, Eltern von grösseren Familien bzw. Pflegende Angehörige. Mehr zu dieser neunen Armut Burnout und Zeitschuld : Wenn die Zeitinsolvenz droht
Burnout : Z-Diagnose (Burnout = ICD 10 Z73) oder Massenphänomen ?
Viele Experten (Ärzte wie Psychologen) sind über die Bezeichnung „Burnout " (= „Ausbrennen oder ausgebrannt") nicht besonders glücklich. Suggeriert es doch, dass es sich um einen Zustand handelt, von dem sich der Patient nicht wieder erholen könnte. Das ist aber so nicht richtig. In der Fachwelt wird dann entweder von Erschöpfungssyndrom (exhaustion) oder auch Müdigkeit (Fatigue) bzw. einer Erschöpfungsdepression gesprochen, wenn Kraftlosigkeit und ständige Erschöpfung unter starkem anhaltendem psychischen Druck entstehen. Allerdings sind diese Begriffe dann wieder in der Laienpresse z.T. mit völlig falschen Vorstellungen und Erklärungsmustern belegt.
Etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen mit Burnout Syndrom leidet zusätzlich unter Erschöpfungsdepressionen. Der wesentliche Unterschied zwischen einer Depression und Menschen mit einem Burnout oder Erschöpfungssyndrom ist, dass bei schwerer Erschöpfung seltener Selbstanklagen bzw. typische depressive Denkverzerrungen, Selbstmordgedanken und Appetitminderungen auftreten.
Menschen mit einem Erschöpfungssyndrom weisen häufig eine ausgeprägte Frustration auf und führen häufig eine äußere Ursache als Erklärung für ihre Problematik an. Sei es eine belastende Auseinandersetzung, nicht selten aber auch eine bisher „unentdeckte" medizinische oder paramedizinische Erklärung. Dabei sei es zunächst einmal offengelassen, ob eine Viruserkrankung oder andere medizinische Faktoren eine Rolle spielen.
Burnout wird nach heutiger Vorstellung der Psychologen und Ärzte am ehesten durch einen chronischen, d.h. über mehrere Wochen oder Monate anhaltenden Druck (=Stress) ausgelöst, wobei subjektiv für die Betroffenen keine Lösung oder Wiederherstellung eines seelischen Gleichgewichtes oder Zustand der relativen Zufriedenheit möglich erscheint. Dies führt zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und einer Abwärtsspirale bis hin zur Selbstaufgabe.
Psychische Störungen werden in der psychiatrischen Klassifikation psychiatrischer Erkrankungen in Europa nach dem sog. ICD 10 – in den USA nach DSM IV – eingeteilt. Hierbei wird dem sog. Burnout-Syndrom keine eigentständige Diagnose sondern „nur“ eine sog. Z-Ziffer als Zusatzbedingungen unter der Einteilung ICD 10 Z 73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung zugesprochen.
Das ICD 10 spricht unter Z73.0 von Ausgebranntsein oder Burn-out als Zustand der totalen Erschöpfung.
Wichtig ist, dass hierbei nicht Probleme auf wirtschaftliche oder psychosoziale Umstände oder aber andere Stressfaktoren gemeint sind.
ICD 10 – Einteilung bei Burnout-Syndrom und ähnlichen Problemen in der Lebensbewältigung (nach ICD 10 WHO-Version DIMDI-Online-Zugriff Burnout Syndrom)
Z73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung Exkl.: Probleme mit Bezug auf sozioökonomische oder psychosoziale Umstände
Z73.0 Ausgebranntsein Burn-out
Zustand der totalen Erschöpfung
Z73.1 Akzentuierung von Persönlichkeitszügen Typ-A-Verhalten (Verhaltensmuster, das durch zügellosen Ehrgeiz, starkes Erfolgsstreben, Ungeduld, Konkurrenzdenken und Druckgefühl charakterisiert ist)
Z73.2 Mangel an Entspannung oder Freizeit Z73.3 Stress, anderenorts nicht klassifiziert Körperliche oder psychische Belastung o.n.A.
Exkl.: Mit Bezug auf Berufstätigkeit oder Arbeitslosigkeit
Z73.4 Unzulängliche soziale Fähigkeiten, anderenorts nicht klassifiziert Z73.5 Sozialer Rollenkonflikt, anderenorts nicht klassifiziert Z73.6 Einschränkung von Aktivitäten durch Behinderung Exkl.: Pflegebedürftigkeit
Z73.8 Sonstige Probleme mit Bezug auf die Lebensbewältigung Z73.9 Problem mit Bezug auf die Lebensbewältigung, nicht näher bezeichnet
Bei Patienten kann es dabei zu einer ganzen Reihe von körperlichen und psychischen Symptomen kommen. Typisch sind dabei neben einer Kraftlosigkeit und fehlenden Energie u.a. Schmerzen, etwa an den Muskelansatzstellen der Schulter und der Nackenmuskulatur (häufig dann auch mit Spannungskopfschmerzen), Magen-Darmbeschwerden und diffusen Herz- oder Brustbeschwerden. Diagnostische Überschneidungen zum sog. Fibromyalgiesyndrom sind häufig. In der Folge treten dann weitere psychische Beschwerden auf, etwa eine niedergeschlagen Stimmung, Ängste (u.a. vor der Zukunft, krankheitsbezogene Ängste), die bis hin zu Selbstmordgedanken und impulsiven Selbstmordversuchen führen können. Die Patienten fühlen sich schwach und ständig müde und erschöpft, sehen aber insbesondere eine Aussicht auf eine positive Veränderung der Situation, die sie selber herbeiführen können. Nicht selten wechseln sich dabei Phasen einer starken Belastung bzw. Versuche zur Änderung der Situation (z.B. Aufnahme von Sportübungen, neue Therapien) mit anschliessenden Phasen der totalen Erschöpfung und Resignation ab. In den Phasen relativen Wohlbefindens werden dann so viele Aktivitäten gelegt, dass dies wiederum zu einer Erschöpfung führen muss.
Ein solches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom (Burnout) hat also einen Einfluss auf Gedanken (kognitive Ebene), Gefühle (Emotionen), körperliche Funktionen (physiologische Reaktionen des Körpers) und das Verhalten. Zu den häufigsten Symptomen gehört :
Bei einem Teil der Patienten, die unter einer ständigen Erschöpfung bzw. Unfähigkeit zur Entspannung leiden, liegen Schlafstörungen vor. Diese können ursächlich oder auch als Folge der Burnout-Symptomatik auftreten. Während klassische Schlafprobleme wie z.B. eine primäre Insomnie oder das Schlaf-Apnoe-Syndrom in aller Regel in die diagnostische Abklärung des Burnout-Syndroms gehören, denken viele Therapeuten nicht an einen verschobenen Tag-Nacht-Rhythmus bei einem sog. Schlafphasenverlagerungssyndrom. Damit ist gemeint, dass die normale Ausschüttung des Botenstoff Melatonin nicht zu üblichen Zubettgehzeiten erfolgt, sondern erst mitten in der Nacht. Dann wird man aber auch erst viel später "richtig wach" (etwa am frühen Nachmittag) und hat Leistungsspitzen zu Zeiten, wenn man sie bei der eigentlichen Arbeit nicht benötigen würde (Mitten in der Nacht), Tiefs dagegen am Tag.
Aktuell : Studie der Universität Basel zum Thema Burnout und Schlafstörungen Wenn Sie einen Online-Test zum Thema Burnout machen wollen, ist dieser Link vielleicht interessant
Burnout aus Sicht der Betroffenen selbst : Verschiedene Phasen der Verzweifelung
1. In der Anfangssphase schildern Patienten (meist dann rückwirkend) in der Therapie bestimmte Warnsymptome für einen überhöhten Energieeinsatz, Überforderung bzw. ständige Beschäftigung mit der Arbeit hierzu gehören :
2. Als weitere typische Beschreibung findet man dann ein nachlassendes Engagement für die Arbeit bzw. auch für Kollegen bzw. Menschen an sich. Dies äußert sich dann u.a. in
3. Emotionale Reaktionen beschreiben die Patienten selber häufig zunächst nicht. Eher zeigen sich Schuldzuweisungen, Aggressionen oder dann stark schwankende Stimmungen . Weitere Symptome in dieser Phase wären .
4. Nachlassende Leistungsfähigkeit
Die Patienten und auch die Angehörigen bemerken dann eine Art Einfrieren bzw. Nachlassen von Kreativität, Einsatzvermögen und Motivation. Symptome wären hier dann :
5. Verflachung bzw. Gleichgültigkeit
In dieser Phase erlebt man einen Zustand der emotionalen und sozialen Gleichgültigkeit bzw. Leere. Typisch sind jetzt
Die Abgrenzung ist jetzt zu einer Depression quasi nicht mehr möglich.
6. Psychosomatische Begleitstörungen
Exemplarisch finden sich beispielsweise
Aufgrund der Schlafstörungen bzw. Unfähigkeit zum Abschalten nicht selten Substanzmittelmissbrauch (Alkohol, Cannabis, Schlafmittel)
7. Verweifelung
Wie kann man ein Burnout-Syndrom behandeln?
Als besonders erfolgversprechend haben sich in Untersuchungen eine Verhaltenstherapie mit kognitiv psychotherapeutischen Methoden herausgestellt (VT), aber auch psychodynamische Therapieverfahren können zu Erfolgen führen.
In einer Verhaltenstherapie geht es im wesentlichen anhand von sehr konkreten Beispielsituationen aus dem Alltag darum, Strategien zur Krankheitsbewältigung (Coping) zu entwickeln. In der Verhaltenstherapie werden so neue Wege aufgezeigt, mit Belastungen angemessen umzugehen und für ausreichende Erholung oder auch Abgrenzung gegenüber unangemessen Anforderungen vorbereitet zu sein.
Häufig stellt sich gerade eine Gruppentherapie hier als erfolgversprechend heraus. _Eine Gruppentherapie bietet dabei besonders die emotionale Unterstützung durch die anderen Betroffenen im Sinne einer gegenseitigen Selbsthilfe und Verständnis, aber auch Austausch von bisherigen Therapieerfahrungen oder günstigen wie ungünstigen Veränderungsversuchen. Diese soziale Unterstützung kann fehlendes Verständnis von Angehörigen, Selbstvorwürfe, Scham oder Schuld zumindest relativieren.
Weitere Therapiemöglichkeiten können die Einzeltherapie, aber auch eine medikamentöse Therapie mit einem Antidepressivum sein. Die Dauer der Behandlung schwankt erheblich von einigen Wochen bis Monaten, kann aber auch einige Jahre betragen. .
Bildquelle : Jorma Bork / pixelio.de
Burnout Syndrom und Erschoepfungssyndrom mit den Leitsymptomen Muedigkeit Erschoepfung und Unfaehigkeit zum Abschalten bei Stress