Frage:
Mein Arzt empfiehlt mir eine stationäre psychosomatische Behandlung bei einer Angststörung und Depressionen. Ich habe aber ein 5 jähriges Kind und möchte es nicht allein bei meinem Mann lassen. Ich kann unmöglich 6 Wochen wegbleiben. Gibt es keine Alternativen oder wenigstens eine Klinik, die auch das Kind mit aufnimmt?Antwort:
Ihre Problematik ist recht typisch für viele junge Frauen, die unter einer Angststörung leiden. Das Erstauftreten von Panikstörungen liegt häufig im Alter von 20-35 Jahren und so ist es nur natürlich, dass es gerade auch Frauen mit kleinen Kindern betrifft.Immer wieder wird dabei dann das Argument vorgebracht, dass eine stationäre Therapie wegen dem Kind nicht möglich sei. Wirklich nicht?
Ich möchte keinesfalls bestreiten, dass es persönliche Gründe, Lebensbedingungen oder auch finanzielle Gründe geben kann, warum eine stationäre Therapie nicht möglich zu sein scheint. Andererseits stehen aber gerade den Müttern von den Krankenkassen finanzierte Unterstützungen und Hilfen zu.
Es bleibt also zu diskutieren, ob nicht gerade die Thematik der engen Beziehung zwischen Mutter und Kind im Sinne einer extrem starken Verantwortungsübernahme ein (nicht "der) Faktor ist, der mit zum Auftreten oder der Verschlimmerung der Angstproblematik führte.
Hausärzte sprechen dann bisweilen von einer "Kur" und empfehlen der Mutter etwas Abstand oder Erholung. Nun ja. Dies mag auch ein Ziel einer Therapie sein. Wesentlich erscheint mir dabei eher der "emotionale" Abstand und die Möglichkeit für eine begrenzte Zeit zu lernen auch oder gerade an sich selbst zu denken.
Die Veränderungen nach der Geburt eines Kindes krempeln das Leben einer Mutter (und des Mannes bzw. der ganzen Familie) grundlegend um. Häufig gibt die Frau den Beruf auf, hat weniger Kontakte zu Arbeitskolleginnen oder Freundinnen und schränkt auch Hobbies und angenehme Aktivitäten immer weiter ein.
Quasi "selbstverständlich" kümmert sie sich immer mehr um das Kind oder ihre Beziehung und immer weniger um sich selbst.
Dies alles kann Beklemmungen bzw. das Gefühl "eingesperrt" zu sein, auslösen. Meistens gibt es dazu Parallelen aus der eigenen Kindheit (z.B. als Strafe irgendwo eingeschlossen sein, Verantwortung für eigene Geschwister, alkoholkranke Angehörige). Immer wieder erleben Therapeuten also Mütter (meist sind es Mütter, selterner auch die Väter), die eben eine Art "Helfersyndrom" entwickeln und immer mehr und mehr an andere denken und sich selbst dabei völlig aufgeben.
Gerade bei einer solchen Problematik wäre es aus therapetischer Sicht erforderlich, den Abstand zu üben. Freiräume zu schaffen und zu lernen Zeit für sich selbst einzufordern.
Es gibt durchaus einige Kliniken, die Kinder mit aufnehmen. Gerade bei einer solchen Problemlage würde ich aber immer eine Therapie "allein" anraten. Auch wenn es schwerfällt.