Sind Medien und Gesellschaft am Übergewicht schuld?

Gechrieben von: Gunborg Palme, niedergelassene Psychologin in Stockholm Schweden.

Erstversion: 19 Aug 2003. Letzte Änderung: 04 Feb 2004.

Frage:

 Wird man nicht durch Werbung und die Medien zum Essen verleitet?

Antwort:

Einer meiner jugendlichen Patienten wog 161 kg. Übergewicht und die möglichen späteren Gesundheitsfolgen durch falsche Ernährung und Diäten spielen eine immer grössere gesellschaftliche Rolle. Die Verantwortung für seine Ernährung und Gesundheit ist eine sehr persönliche Sache, auch wenn man tagtäglich Verlockungen und Versprechungen der Werbung in den verschiedenen Medien ausgesetzt ist. Gilt dies aber auch automatisch für Kinder und Jugendliche? Können auch Sie die Verantwortung für richtige Ernährung und dem Widerstehen von angepriesenen Produkten als selbstverständliche Fähigkeiten leisten? Oder müsste nicht auch unsere Gesellschaft mehr Verantwortung zeigen und eine Umwelt schaffen, die gesunde Ernährung fördert und bekannt macht?

Eltern können vielleicht zu Hause noch eine geborgene Atmosphäre schaffen und sich und die Kinder vernünftig und ausgewogen ernähren. Aber sobald die Kinder aus dem Haus gehen werden sie durch Süssigkeiten, ungesunde Getränke oder jegliche Art von Fast Food gelockt. Eine riesige Anzahl von Kindern wird dick und später krank werden, wenn wir ihnen nicht helfen. Ich bin sehr besorgt hinsichtlich der Entwicklung, dass unsere Gesellschaft scheinbar massenweise übergewichtige Kinder und Jugendliche hervorbringt.

Selbst für viele Erwachsene stellt ja falsche Ernährung mit einem Missbrauch von Essen oder einer regelrechten Abhängigkeit von Süssigkeiten ein ernstes Problem dar. Es ist also leicht die Verantwortung abzugeben solange in unserer Gesellschaft so wenig Förderung von gesundem Essverhalten öffentlich bekannt ist.

Übergewicht ist also nicht länger eine Frage von isolierten Einzelpersonen, Adipositas ist eine gesellschaftliche Herausforderung.

Gerade weil Menschen mit einer Adipositas bzw. gestörtem Essverhalten besonders leicht auf äußere Reize und Verlockungen reagieren und es weit schwerer haben Verlockungen zu widerstehen, sollte man Hilfe anbieten.

Dazu ist es erforderlich, die besonderen Probleme dieser Personengruppe zu verstehen und nicht das Leben noch durch Ausgrenzung, Anschuldigungen oder Ignoranz für sie schwieriger zu gestalten.

Wir brauchen also eine Gesellschaft, in der Menschen machen können was sie wollen solange sie nicht die Rechte und Bedürfnisse anderer Menschen verletzen. Aber bei Kindern und Jugendlichen hält diese Verletzung durch falsche Ernährung oft ein Leben lang an. Es kann also nicht richtig sein, dass Werbung die Schwächen so ausnutzt, dass die Folgen für Alle auf Dauer so schrecklich sind.

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Quellen