Sollte man mit allgemeinen Lebensproblemen zum Arzt gehen?
Antwort:
Thorsten S. ist vor einigen Monaten in eine andere Stadt gezogen. An seinem neuen Arbeitsplatz steht er unter dauernder Überlastung. Seinem Chef kann er nichts recht machen, und seine Kollegen meiden "den Neuen".
Diese Umstände beeinträchtigen bald auch sein Privatleben. Er hat an nichts mehr Freude, sitzt oft herum und grübelt viel. Bald kann er nachts nicht mehr durchschlafen kann und fängt an, Gewicht zu verlieren.
Als seine Frau einer Freundin von den Problemen ihres Mannes erzählt, rät dieser ihr, ihren Mann zum Arzt zu schicken. Sie zweifelt an dem Sinn dieser Idee. "Wie soll ihm ein Arzt bei seinen beruflichen Problemen helfen?"
Diese Beispiel illustriert anschaulich die besondere Problematik einer psychischen Erkrankung. Der Betroffene leidet unter seiner beruflichen Situation ("Lebensproblem"). Gleichzeitig zeigt er jedoch Anzeichen einer Depression: Unfähigkeit, sich zu freuen,Neigung zum Grübeln, Schlafstörungen, Gewichtsabnahme ("Erkrankung"). Solche Symptome müssen unbedingt von einem Arzt untersucht werden. Nur er kann feststellen, welche Erkrankung sich hinter diesen Symptomen verbirgt. Sollte der Betroffene an einer Depression erkrankt sein, so kann er von einem Arzt oder von einem Psychologen behandelt werden
Bei der Bewältigung seiner beruflichen Situation können jedoch neben dem Arzt oder Psychologen auch andere Stellen Hilfe anbieten. Unter Umständen genügt auch das einfühlsame Gespräch mit einem Freund oder einem Angehörigen. Aus diesen Gründen muß zwischen belastenden Lebensproblemen und einer psychischen Erkrankung unterschieden werden.
Lebensprobleme sind alle Lebensumstände, die ein Mensch als belastend empfindet, die aber nicht selbst schon Symptom einer Krankheit sind. Lebensprobleme können natürlich auch psychiatrische Erkrankungen auslösen oder sie begleiten. Sie sind aber nicht mit der Erkrankung identisch.