Meine 11 jährige Tochter Lina geht nicht gerne zur Schule. Sie hat regelrechte Schulangst und kann in den Diktaten längst nicht ihre wahre Leistungsfähigkeit zeigen.Wir üben täglich, aber sie kann sich einfach nicht konzentrieren und träumt in den Tag hinein. Durch eine Untersuchung beim Hausarzt auf eine Allergie oder eine körperliche Ursache ergaben sich keine Hinweise auf eine körperliche Erkrankung. Da sie häufig wie taub wirkt, haben wir sie auch einem HNO-Arzt vorgestellt, aber eine Fehlhörigkeit liegt nicht vor. Was können wir tun ?
Antwort:
ADS - hypoaktiver Typ bei ADHS
Die von ihnen geschilderte Symptomatik kann natürlich vielfältige Ursachen haben. Dabei ist entscheidend, ob sich diese Probleme ausschliesslich in der Schule (bzw. einer bestimmten Lehrkraft) zeigen, oder aber ein generelles Problem darstellt. Natürlich sollte man dabei Besonderheiten der Pubertät ebenso beachten, wie etwaige subjektiv schwerwiegende Sorgen, Depressionen oder Ängste ihrer Tochter.
Für die Diagnostik sollte unbedingt sowohl eine Bestimmung der intellektuellen Leistungsfähigkeit (Intelligenzquotient) und ein neuropsychologischer Ausschluss weiterer Störungen erfolgen. Sowohl hochbegabte wie auch Grenzbegabung bzw. Überforderungen können eine entsprechende Symptomatik auslösen.
Nicht selten können die dargestellten Symptome bei einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom ohne Hyperaktivität (<sogenannter „unaufmerksamer Typus“ oder hypoaktiver Typ ) auftreten.
Erst in den letzten Jahren wurde dieser Subtyp des bei uns noch als Hyperkinetisches Syndrom bekannten Syndroms starker beachtet und wird auch als Hypoaktivitaet oder eben hypoaktiver Typ von ADHS bezeichnet..
Als ein wesentliches Kennzeichen dieses Syndroms gehören Auffälligkeiten im Bereich höherer Handlungsfunktionen. Hiermit sind Fertigkeiten des Gehirns gemeint, die sich auf die Organisation, Planung und Durchführung von komplexeren Aufgaben erstrecken. Häufig ist dabei die Aufmerksamkeitsfähigkeit gestört, die Betroffenenen sind extrem leicht ablenkbar und geben an, nicht auf ihr Gedächtnis bzw. Kenntnisse zugreifen zu können.
Sie fallen auf, weil sie vergesslich sind und sich etwa immer wieder Listen machen müssen, die sie dann aber doch nicht benutzen. Sie verlieren oder vergessen wichtige Dinge und brauchen häufig sehr viel länger als Mitschüler, um eine Aufgabe abzuschliessen. Auch wenn sie etwas auswendig lernen sollen, benötigen sie vielmehr Zeit und Wiederholungen als ihre Freundin.
Bei Klassenarbeiten fallen diese Schüler dadurch auf, dass sie sich scheinbar die Zeit nicht einteilen können und angeben, in der Prüfung einen “Black out” zu haben. Auch wenn sie am Tag zuvor noch das erforderliche Wissen anderen erklären konnten, so gelingt der Zugriff auf Druck der Prüfung nicht.
Recht typisch ist auch, dass zunächst an eine Hörstörung gedacht wird, da die Betroffenen scheinbar nicht zuhören können. Hier liegt aber eine Schwäche der Aufmerksamkeit und Wachheit und keine Erkrankung des Hörsystems vor !
Der unaufmerksame Typ ist eigentlich nicht wirklich "hypoaktiv", sondern die Symptomatik zeigt sich eben nicht durch motorische Unruhe und Störverhalten. Umso schwieriger und wichtiger ist es, hier professionelle Hilfe zu finden.