Ärztliche und psychologische Beratung im Bereich Psychologie, Psychosomatik und Psychiatrie (z.B. bei ADHS, Essstörungen, Angst, Beziehungsproblemen, Depression, sexuellen Problemen, Persönlichkeitsstörungen)

Mangel an Selbstwertgefühl und Selbstachtung bei Essstörungen

Geschrieben von: Dr. Martin Winkler
Erstfassung: 2008-07-22. Geändert: 2015-01-09.

Abstrakt:

Mangel an Selbstwertgefühl, Mangel an Selbstachtung und starke Selbstkritik sind typische Probleme bei Patientinnen von Essstörungen wie Bulimie und Anorexie.

Frage:

Warum ist mein Selbstwertgefühl so niedrig ? Warum kann ich mich und meinen Körper nicht leiden ? Wieso habe ich keine Selbstachtung?

Antwort:

Selbstwertgefühl stärken

Menschen mit wenig Selbstvertrauen sind häufig ihr stärkster eigener Kritiker. Mangelndes Vertrauen in die eigenen Stärken wird nicht nur bei der Bewerbung auf einen neuen Job, sondern besonders auch in zwischenmenschlichen Beziehungen zu entsprechenden Problemen führen.

SelbstwertgefühlSchon geringste Anlässe wie ein Blick oder ein kritischer Tonfall eines Gesprächspartners können dann zu einer Fehlbewertung der Situation und entsprechenden eigenen negativen Gedanken und einem Gefühl der Scham und Angst mit   Rückzugsverhalten führen. In der Psychologie  spielt demensprechend das Thema Selbstwert stärken und Selbstvertrauen eine grosse Rolle bei Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen wie der Sozialen Phobie.

 

 

 

 

Erfolge schaffen Selbstvertrauen und Selbstwert

Häufig liegen die Ursachen für geringes Selbstvertrauen und fehlendes Selbstwertgefühl in der Kindheit. Dies kann einerseits bei Vorliegen von eigenen Entwicklungs- und Lernstörungen (beispielsweise Legasthenie, Rechenprobleme, Aufmerksamkeitsstörungen) oder aber ungünstige Familienkonstellationen mit mangelnder Zuwendung oder sehr früherer Verantwortungsübernahme beispielsweise in Alkoholiker-Familien oder bei Entwurzelung durch Scheidungen oder Probleme durch chronische Erkrankungen bedingt sein.

Selbstwertgefühl

ist die Fähigkeit die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen angemessen und realistisch wahrzunehmen bzw. erfolgreich und positiv einzuschätzen.
Selbstwertstörungen sind ein wesentlicher Problembereich besonders bei Patientinnen mit Essstörungen wie der Anorexie, der Bulimia nervosa aber auch Adipositas. Geringes Selbstwertgefühl bzw. das Gefühl durch eigene Anstrengung keine Erfolge erzielen zu können ist häufig auch mit Problemen bei der Gefühlsregulation gekoppelt. Häufig haben die Betroffenen grosse Probleme ihre Gefühle wahrzunehmen (oder aber von ihnen nicht wie in einem Nebel oder einer Welle verwirrt überflutet zu sein). Die situationsangemessene Wahrnehmung und Steuerung von Emotionen erleben die Patientinnen wiederum als eigenes Versagen und somit als weitere Ursache für ein geringes Selbstwertgefühl.

Auch andere psychische Probleme bzw. Störungen, die häufig gemeinsam mit Essstörungen auftreten, können Selbstwertstörungen als Ursache oder aufrechterhaltender Faktor haben. Hierzu gehören u.a. Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen (z.B. ADHS, Entwicklungsstörungen, Trennungsängste oder Depressionen bzw. Persönlichkeitsstörungen.

Selbstkritik und Selbstabwertungen bei Essstörungen

Patientinnen mit einer Essstörung sind häufig überzogen selbstkritisch und neigen dazu, sich als unfähig auf quasi allen Lebensbereichen einzuschätzen und abzuwerten. Sie fühlen sich nicht wert, Erfolge zu haben. Dies steht häufig im krassen Gegensatz zur Tatsache, dass sie sehr leistungsorientiert sein können.Die eigenen Ansprüche bzw. die Messlatte sind aber so hoch, dass es immer wieder zu einem relativen "Versagen" kommen kann.

Sie glauben, dass ihr Körper bzw. ihr Aussehen die Hauptursache für ihre Unzufriedenheit ist. Dabei kann es sein, dass die Kontrolle von Essen bzw. die Macht über den eigenen Körper mit extremer Bewegung bzw. Hunger scheinbar leichter zu beeinflussen ist als andere Aspekte der Persönlichkeit zu verändern.

Sie versuchen fälschlich, dass sie ihr Selbstwertgefühl bzw Selbstkontrolle dadurch zurückgewinnen können, dass sie ihren Körper manipulieren bzw. zwanghaft "unter Kontrolle" bringen könnten. Wenn ihnen dies nicht mehr in anderen Bereichen wie Schule (beste Schülerin der Schule), Sport (Supersportlerin) oder Familie (Lieblingskind der Familie) gelingt, wird statt dessen allein der Körper bzw. das Aussehen in den Mittelpunkt gerückt. Sie werden Super-Expertinnen in Sachen Essen bzw. Körper, verlieren aber jegliches Mass für Normalität.

Tragischerweise führen übertriebene Diäten und andere essgestörte Verhaltensweisen im Versuch das Gewicht zu kontrollieren zu einem Teufelskreis aus den die Betroffenen allein nicht mehr entkommen können.

Selbstwertprobleme sind daher immer ein zentrales Therapiethema bei Patientinnen mit einer Essstörung.

Man muss den Patientinnen helfen andere Selbstwertquellen bzw. Interessen und Ressourcen wiederentdecken zu können und ein Gefühl des Selbstvertrauen bzw. stärkeren Persönlichkeits-Ego zu entwickeln. Nur so können sie andere zwanghafte Verhaltensmuster im Zusammenhang mit der Essstörung aufgeben.

Essstörungen und Selbstwertgefühl