Ärztliche und psychologische Beratung im Bereich Psychologie, Psychosomatik und Psychiatrie (z.B. bei ADHS, Essstörungen, Angst, Beziehungsproblemen, Depression, sexuellen Problemen, Persönlichkeitsstörungen)

Bettnässen (Enuresis) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Geschrieben von: Martin Winkler
Erstfassung: 09 Aug 2003. Geändert: 05 Jan 2009.

Abstrakt:

Bettnässen / Einnässen (Enuresis) kann auch bei älteren Kindern und Jugendlichen zu erheblichen psychischen Problemen wie soziale Angst / Scham und Vermeidungsverhalten führen.

Frage:

Welche Gründe kann erneutes Bettnässen (sekundäre Enuresis) bei einem 14 jährigen Jugendlichen haben ?

Antwort:

Bettnässen Enuresis

Nach den psychiatrischen Definitionen spricht man von Bettnässen (Enuresis), wenn wiederholt unabsichtlich Urin ins Bett oder die Kleidung gesetzt wird. Es ist wichtig herauszufinden, ob dies wirklich unkontrolliert und ungewollt passiert oder aber doch eine gewisse Demonstration oder ein Widerstand damit ausgedrückt werden soll. Um von einer Störung zu sprechen, muss dies wiederholt und in einem klinisch relevanten Ausmass auftreten, also nicht auf eine einmalige Situation beschränkt sein. Dazu sollte es mindestens zweimal in der Woche über einen Zeitraum von mindestens 3 Wochen auftreten und erhebliche Beeinträchtigungen auslösen.

Die meisten Betroffenen (80%) haben dabei allein eine nächtliche Enuresis, d.h. Bettnäsen.

Wenn das Einnässen seit der Geburt besteht und dauerhaft über ein altersgemässes Entwicklungsziel hinausgeht, spricht man von einer primären Enuresis . Hier ist es besonders wichtig, körperliche urologische Erkrankungen / Fehlbildungen oder Hormonabweichungen zu untersuchen.

War das Kind bereits nach dem 5. Lebensjahr "trocken" und nässt wieder ein, spricht man von einer sekundären Enuresis . Hier gelten besonders psycho-soziale Faktoren bzw. Belastungen als Auslöser. Daneben findet man in dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen vermehrt Kinder mit ADHS Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen (z.B. ADHS).

Einnässen hat häufig eine erhebliche genetische Komponente, d.h. ist über mehrere Generationen in der Familie aufweisbar. Man nimmt eine genetische Abweichung (z.B. auf dem Chromosom 15) an. Wenn ein Elternteil eingenässt hat, besteht ein Risiko von ca 40 Prozent für das Kind.

7% der 5 jährigen Jungen und 3 % der Mädchen weisen nach den klinischen Kriterien Einnässen auf. In einem Alter von 10 Jahren sind noch immerhin 3 Prozent der Jungen betroffen und mit 18 schätzt man, dass noch ca 1 % der Jungen die Diagnosekriterien erfüllen. Man sieht also die deutliche Abnahme mit höherem Lebensalter, andererseits aber auch die häufig verheimlichte hohe Anzahl Betroffener Jugendlicher und Erwachsenen. Somit können aus Scham bzw. sozialen Ängsten psychologische Folgeprobleme und ein Vermeidungsverhalten entstehen, so dass die Betroffenen eher aus Angst vor einem Einnässen soziale Kontakte und Aktivitäten vermeiden. Zudem wird nur sehr selten offen über dieses Problem gesprochen.

Einnässen und Bettnässen kann eine Reihe von psychologischen Ursachen haben - muss aber nicht. Gewalt oder Vernachlässigung einschliesslich emotionaler oder sexueller Missbrauch sind häufiger zu finden. Daneben aber auch nicht verarbeitete Veränderungen im Bezugssystem (Scheidung der Eltern, Todesfälle oder Unfälle).

Man sollte aber sehr vorsichtig mit entsprechenden Hypothesen umgehen. Eine Behandlung kann aber eben gerade psychotherapeutisch orientiert sehr sinnvoll und gut verlaufen, wenn eine entsprechende Therapiemotivation vorliegt.

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