Ärztliche und psychologische Beratung im Bereich Psychologie, Psychosomatik und Psychiatrie (z.B. bei ADHS, Essstörungen, Angst, Beziehungsproblemen, Depression, sexuellen Problemen, Persönlichkeitsstörungen)

ADHS bei Kindern im Vorschulalter

Geschrieben von: Martin Winkler
Erstfassung: 05 Okt 2004. Geändert: 11 Jun 2005.

Abstrakt:

ADHS im Vorschulalter. Wirksamkeit verschiedener Therapieangebote wie Phosphatdiät, Ergotherapie, Mototherapie, Entspannungsverfahren oder Medikation und Elterntraining bei Kinder mit Hyperaktivität im Kleinkindesalter.

Frage:

Kann man ADHS auch schon vor Eintritt in die Schule diagnostizieren?
Wie behandelt man Kinder im Vorschulalter mit ADHS?

Antwort:

Die diagnostischen Kritierien des ADHS-Sydroms setzen einerseits voraus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Symptomatik vor dem 6. bzw. 7. Lebensjahr besteht. Andererseits fallen die allermeisten Kinder erst in der 1. oder 2. Schulklasse mit Schulleistungs- oder Verhaltensproblemen auf.

Allerdings zeigt sich, dass sich die Eltern häufig bereits viel frühzeitiger an einen Kinderarzt als erste Anlaufstelle für Probleme wenden. Gerade wenn in der Familie bereits Erfahrungen in Sachen ADHS vorliegen (z.B. durch ein Geschwisterkind mit ADHS) fallen den Eltern bereits in der frühen Kindheit / Säuglingsalter Besonderheiten dieser Kinder auf. Allerdings sind diese in aller Regel nicht so spezifisch, dass man hieraus auf ADHS schliessen könnte.

Der Erstkontakt mit einem Kinderarzt wegen Verhaltensauffälligkeiten liegt bei den meisten Kindern im Alter von 3 bis 4 Jahren. In den wenigsten Fällen wird hier aber schon eine Diagnose ADHS gestellt, sondern eher noch keine diagnostische Zuordnung vorgenommen. Nicht selten sprechen die Ärzte dann von einer Entwicklungsverzögerung oder Störung des sozialen Verhaltens.

Welche Therapieempfehlung daraus resultiert ist schwierig. Grundsätzlich wäre den Eltern die Teilnahme an einem Elterntraining dringend zu empfehlen! Allerdings finden sich nur selten entsprechende Angebote für Kinder im Vorschulalter.

In der Vergangenheit wurde den Eltern dann eine phosphatarme Diät empfohlen. Eine solche Therapie wird heute nicht mehr empfohlen, gilt als "obsolet".
In der klinischen Praxis wird daher den Eltern für ihr Kind Ergotherapie fuer ADHS empfohlen. Zweifelos kann dies für die Kinder eine Förderung darstellen. Gerade wenn sich die Praxis auf ADHS spezialisiert hat, kann eine Aufklärung der Eltern über ADHS und die damit einhergehende Informationsvermittlung für Verhaltenstips im Umgang mit ADHS hilfreich sein. Fraglich hingegen ist, ob eine sensorische Integrationstherapie tatsächlich zu einer Besserung der ADHS-Symptomatik führt. Hierfür gibt es keinerlei Belege. (Schaden tut die Behandlung jedoch sicher nicht). Nach einer Erhebung unter Eltern von ADHS-Kindern schätzten 57,6 % der Eltern die Ergotherapie als hilfreich ein. Von Experten der Kinder- und Jugendpsychiatrie (Prof. Andreas Warnke, Universität Würzburg) wird die Ergotherapie aber als "entbehrliche Therapiemassnahme" eingestuft.

Spezielle Psychotherapie fehlt meist für Kinder dieser Altersgruppe. Eine analytische Spieltherapie ist nach Einschätzung der meisten Eltern schlicht sinnlos, nur ca 26 % einer Befragungsgruppe sahen einen Erfolg bei ihren Kindern.

Ebenso wenig Erfolgsaussichten bieten eine alleinige Mototherapie oder Entspannungsverfahren.

Die Frage einer etwaigen medikamentösen Therapie mit Psychostimulanzien bei Kindern unter 6 Jahren bleibt umstritten. Zwar gibt es durchaus Belege für die Wirksamkeit aus Studien in den USA. Hier wurden sehr niedrige Dosierungen ausprobiert. Gegenwärtige Meinung in Deutschland ist, dass eine Medikation bei Vorschulkindern die absolute Ausnahme sein sollte und nur dann angezeigt wäre, wenn andere psychosoziale Massnahmen (insb. ein Elterntraining) ausprobiert wurden.