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Abstrakt:
Versagensangst und Perfektionismus bei Depressionen
In der Psychosomatik erleben wir immer wieder Patientinnen und Patienten, die sich selber unter einen sehr hohen - unerfüllbaren bzw. perfektionistischen - Leistungsanspruch setzen und die dann in eine Spirale von Druck bzw. Angst vor "Versagen" kommen.
Da dies häufig dazu führt, dass man als Gegenregulation (kompensatorisch) noch genauer und noch mehr arbeitet, führt es früher oder später zu einem Anstieg der inneren Anspannung des vegetativen Nervensystems bzw. auch zu realen "Ausfällen" bzw. Nachlassen der Konzentrations- und Daueraufmerksamkeit bzw. höherer Handlungsfunktionen im Gehirn.
Dies wurde mir gestern bei einer Visite in der Psychosomatischen Fachklinik deutlich :
Frau K. kam völlig aufgelöst zu mir und schilderte, in einer Übungsanwendung in unserem Hirnleistungstraining eine ganz schlimme Erfahrung gemacht zu haben.
Dazu muss man wissen, dass es gar nicht so sehr das Ziel dieser computergestützten Maßnahme ist, dass die "Leistungsfähigkeit" des Gehirns verbessert wird. Eher dient es therapeutischen Zwecken bzw. wir versetzen die Patienten in Sitautionen, in denen sie eben etwas mehr Druck und Leistung bringen sollen, wo aber auch bewusst Fehler auftreten. Also quasi eine virtuelle Situation, in der man Versagensangst und Perfektionismus erkennt.
Frau K. schilderte nun, dass Sie in den ersten 5 Tagen der Rehabiliationsmaßnahme sich sehr wohl gefühlt hatte, nette Kontakte geknüpft hätte und auch von Bewegung und Entspannungsverfahren profitiert habe. Sie habe sich schon gefragt, ob denn überhaupt eine Behandlung gerechtfertigt ist, wo es doch so vielen Menschen schlechter ginge. Dabei war es ihr zunächst gar nicht mehr präsent, dass Sie selber wegen einer Erschöpfungsdepression seit 4 Monaten krank geschrieben war und ein Versuch der stufenweisen Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell gescheitert war. Und das ganz massgeblich, weil Sie eben bereits unter einer täglichen Belastungsstufe von 4 h eben sich so unter Druck gesetzt hatte und Angst vor dem Scheitern und Versagen hatte und quasi das Pensum einer vollzeitig angestellten Arbeitskraft in der Hälfte der Zeit schaffen wollte.
Was nicht gut gehen konnte.
Frau K. schilderte nun, wie sie bei einer ganz einfachen Aufgabe am Computer unter zusätzlicher Ablenkung bzw. negativen Kommentaren der Therapeutin wie "Sind sie wirkilich sicher, dass sie das jetzt richtig machen", "Das sieht aber noch nicht gut aus" etc in eine innere Unruhe versetzt wurde.
Sie habe sich angepannt wie in einer Prüfung gefühlt, die Hände hätten geschwitzt und sie habe ein Zittern der Hände gespürt.
Der Kopf sei ganz rot gewesen (was aber nicht von aussen von der Therapeutin zu sehen war).
Ihre Gedanken seien total konfus gewesen, sie habe sich wie ein kleines Kind gefühlt.
Auf Nachfrage schilderte Sie dann, dass Sie eigentlich wütend gewesen sei. Einerseits auf sich selber, weil sie diese doch so einfache Aufgabe nicht geschafft habe. Dann auf die Therapeutin bzw. den Computer, weil sie so unter Druck gesetzt wurde.
In der Therapie versuchen wir unsere Patientinnen und Patienten ja für Risikosituationen zu sensibibilisieren und Fragen dann Gedanken, Gefühle, körperliche Frühwarnsignale und eben auch das Verhalten in der Situation ab.
Das war aber in der konkreten Unruhe und Anspannungssituation der Patientin noch gar nicht möglich.
Ich selber frage daher dann eher ungewöhnlich in Form von inneren Bildern, wie sich die Patientin aktuell fühlt.
Ich bat Frau K. ihr aktuelles Gefühl mir als KUGELFISCH zu beschchreiben.
Welche Farbe könnte der Fisch jetzt haben ?
tief-rot , wie ein glühender Feuerfisch
Ist er eher gross oder klein ?
aufgebläht wie ein Luftballon !
Bewegt er sich ?
Ja, er schwimmt in einem Meer von anderen bösartigen Fischen wild hin und her....
Ich bat dann Frau K., sich den Fisch etwas unscharf vorzustellen. Dann habe ich bei ihr Augenbewegungen von rechts nach links 10 mal abwechselnd angeleitet. (Das ist eine spezielle Technik aus einem Verfahren, das man unter www.emoflex.com nachlesen kann).
Interessant war, dass Frau K. dadurch deutlich ruhiger wurde. Und der Fisch sowohl in der Bewegung und Farbe deutlich entspannte.
Ich forderte Frau K. nun auf, sich während der weiteren Reha-Zeit bzw. im Rahmen ihrer Psychotherapie weiter um ihren "inneren Fisch" zu kümmern. Mal zu schauen, wann er die Farbe oder sein Verhalten verändert. Wann also ihr inneres Warn- bzw. Alarmsystem mit Stress reagiert. Dies unterstützten wir durch die Visualisierung dieser Anspannung im Neurofeedback.
Im Verlauf erkannte Frau K. dann entsprechende Auslöser und konnte mit ihrer Psychotherapeutin dann auch ergründen, woher sie dieses Gefühl eigentlich kannte.
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