Ärztliche und psychologische Beratung im Bereich Psychologie, Psychosomatik und Psychiatrie (z.B. bei ADHS, Essstörungen, Angst, Beziehungsproblemen, Depression, sexuellen Problemen, Persönlichkeitsstörungen)

Angst vor Tabletten - Wenn Antidepressiva Angst machen

Geschrieben von: Martin Winkler
Erstfassung: 14 Jan 2004. Geändert: 14 Jan 2004.

Abstrakt:

Was kann man bei Angst vor Tabletten machen?

Frage:

Wie kann ich meine Angst vor Tabletten (Antidepressiva gegen Panikattacken) abbauen?
Ich habe vom Arzt ein neues Medikament (SSRI) verschrieben bekommen und die ganzen Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel gelesen. Was soll ich nur tun?

Antwort:

Viele Menschen mit Angsterkrankungen (oder Depressionen) haben ganz erheblichen Vorbehalte und Ängste vor einer ärztlich empfohlenen medikamentösen Behandlung mit Antidepressiva.

Nun würden die Ärzte sicher kein Medikament empfehlen, das bei ihrem Patienten Schäden verursacht. Die Antidepressiva sollen ja vielmehr helfen, mit Depressionen und/oder Ängsten umzugehen und eine Linderung der Beschwerden zu erzielen.

Natürlich ist dies nur nach einer ausführlichen und verständlichen Patienteninformation über die Medikation möglich, die alle Fragen des Patienten aufgreift - selbstverständlich auch nachträglich.

Und selbstverständlich haben auch die neueren Antidepresiva neben dem erwünschten therapeutischen Effekt das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen. Allerdings lassen sich diese bei Beachtung der individuellen Besonderheiten rasch erkennen und auch abändern bzw. vermeiden, wenn die Patienten diese offen beim Arzt ansprechen.

Allerdings gibt es eine (kleinere) Gruppe von Patienten, die bereits mit Angstsymptomen vor einer etwaigen Medikamenteneinnahme reagieren und bei denen dann die Unterscheidung zwischen körperlichen Symptomen der Angst und etwaigen Nebenwirkungen der Medikation kaum möglich erscheint. Psychologen sprechen dann von einer sogenannten Konditionierung, d.h. die Patienten lernen fälschlicherweise, dass ein Zusammenhang zwischen der Tabletteneinnahme und körperlichen Symptomen besteht. Das kann dann zu entsprechenden Fehlannahmen und Anspannung führen und letztlich tatsächlich z.B. eine Panikattacke auslösen.

Rein rational besehen sollte man sich zunächst einmal verdeutlichen, dass die allermeisten Antidepressiva bei der einmaligen Einnahme praktisch keine direkte Veränderung beim Patienten auslösen. Die Wirkung eines Antidepressivums ist nämlich von einem ausreichenden Medikamentenspiegel abhängig, der erst nach einigen Einnahmen erzielt wird. Dementsprechend sind auch die meisten Nebenwirkungen erst bei einem erhöhten Wirkspiegel des Medikamentes wahrscheinlich. Wenn ein Patient also das "Vollbild" von Beschwerden eines Beipackzettels kurz nach der Einnahme der ersten Tablette berichtet, so ist doch eher eine andere psychische Problematik bzw. eben Ängste zu diskutieren.

(Um bei der Wahrheit zu bleiben : Natürlich schliesst dies nicht eine Sofortallergie auf das Medikament aus. Auch könnten z.B. leichtere Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Mundtrockenheit auffallen. Aber dies sind sollte dann auch mit dem Patienten im Vorfeld der Medikamenteneinnahme klar angesprochen sein).

Im Medikamentenbeipackzettel müssen aus rechtlichen Gründen alle möglichen (und unwahrscheinlichen) Nebenwirkungen eines Medikamentes genannt sein. Dies dient der Sicherheit des Patienten, kann ihn aber auch vor Ängsten bzw. Verunsicherungen stellen. Man kann sicher auch nicht von einem Patienten erwarten, dass er die ganzen medizinischen Zusammenhänge versteht oder in seiner Notsituation erfasst.

Zu den häufigsten Vorurteilen bzw. Ängsten bei Antidepressiva gehören u.a.

Natürlich sind Antidepressiva nicht die Lösung für alle Probleme. Aber sie sind auch kein Teufelszeug oder ein Substanzgruppe, die nun zu gesundheitlichen Ängsten Anlass gäbe. Vielmehr berichten die meisten Patienten, dass sie sehr wohl von der Medikatition profitiert hätten und würden eine entsprechende Behandlung auch anderen Betroffenen weiterempfehlen.