Ärztliche und psychologische Beratung im Bereich Psychologie, Psychosomatik und Psychiatrie (z.B. bei ADHS, Essstörungen, Angst, Beziehungsproblemen, Depression, sexuellen Problemen, Persönlichkeitsstörungen)

ADHS Schweregrade von Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung

Geschrieben von: Martin Winkler
Erstfassung: 26 Sep 2004. Geändert: 26 Sep 2004.

Abstrakt:

Der Schweregrad der ADHS-Symptomatik wird üblicherweie nach der Intensität der Symptomatik und Auswirkungen im Alltag in verschiedenen Lebensbereichen beurteilt.

Frage:

Gibt es unterschiedliche Schweregrade von ADHS?
Gibt es ein leichtes ADHS-Syndrom?

Antwort:

Die Frage, ob ein Kind nur leicht oder geringgradig von ADHS betroffen sein könnte, beschäftigt nicht selten die Eltern oder auch Therapeuten. Dabei sollte man sich jedoch verdeutlichen, dass bereits die Diagnosekriterien von ADHS eine deutliche Beeinträchtigung in mindestens 2 Lebensbereichen erfordern. Wenn man also die Diagnose ADHS überhaupt vergibt, so muss bereits eine erhebliche Schwere der Beeinträchtigung vorliegen!

Nun wird in aktuellen Leitlinien bzw. Veröffentlichungen zum Thema ADHS der Schweregrad der Symptomatik ADHS am "Grad der Generalisierung in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Kindergarten/ Schule/ Freizeitbereich) und dem Ausmass bestimmt, in dem die Symptomatik nicht nur in fremdbestimmten Situationen (z.B. Schule, Hausaufgaben) auftritt, sondern auch in selbstbestimmten Situationen (Spiel) auftritt (nach Remschmidt und Heiser, Deutsches Ärzteblatt, 37 2004).

Anders ausgedrückt wird damit auch die Fähigkeit des Kindes beschrieben, sich an diese Situationen anzupassen. Anpassung ist aber ein wechselseitiger Prozess. Fehlen günstige Bedingungen wie Struktur und Stabilität bzw. Vorhersehbarkeit des Verhaltens für das Kind, so wird es weit schneller zu Auffälligkeiten im Verhalten kommen. Wir wissen, dass gerade ADHS-Kinder mit neuen Situationen und der Umstellung auf eine neue Bedingung erheblich grössere Probleme haben, als andere Kinder gleicher Entwicklungsstufe.

Die Fähigkeit mit solchen Anpassungssituationen wie Veränderungen und Wechsel in eine neue Umgebung umzugehen, kann also ein ganz wesentlicher Anhaltspunkt sein, welcher Schweregrad vorliegt!

Hier gibt es keine eindeutige Kategorisierung oder Festlegung ab wann man mit einer Therapie beginnen sollte oder müsste.

Leider wird aber der Schweregrad von ADHS vielfach noch mit Störverhalten oder Auffälligkeiten des Kindes gleichgesetzt. Gerade Mädchen vom unaufmerksamen Subtyp der ADHS fallen aber häufig eben gerade nicht auf, da sie über Kompensationsstrategien lange Zeit eher unscheinbar und ruhig wirken. Diese Kinder haben dann aber neben der weit längeren Arbeitsbelastung bei Hausaufgaben oder Übungen, Verträumtheit oder zu vielen Fehlern im Diktat weit häufiger andere Beschwerden. Hierzu können u.a.

gehören. Der Schweregrad von ADHS wird also auch ganz wesentlich dadurch bestimmt, ob zusätzliche psychische oder auch körperliche (psychosomatische) Beschwerdebilder vorliegen.

Daneben sollte man berücksichtigen, dass die Beeinträchtigung durch Kompensationsstrategien (z.B. überlange Hausaufgaben, wiederholtes Auswendiglernen, perfektionistische Verhaltensweisen mit zwanghaftem Wiederholen oder Ordnen) sehr wohl eine zeitliche und emotionale Belastung darstellen, die weit stärker als externale Verhaltensstörungen (Unruhe, Aggressivität) die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen könnten.

Grundsätzlich ist die Aussage mit Vorsicht zu bewerten, dass der "unaufmerksame Subtyp" von ADHS eine weniger stark ausgeprägte Variante der ADHS sei. Vielmehr ist dieser Subtyp längst nicht so klar erkennbar und führt so häufiger erst nach der Pubertät bzw. im frühen Erwachsenenalter zu ganz erheblichen Beschwerden.