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ADHS : Memantine als neues Medikament für ADS / HKS?

Geschrieben von: Dr. Martin Winkler
Erstfassung: 12 Mrz 2007. Geändert: 12 Mrz 2007.

Abstrakt:

Memantine (Axura, Ebixa) könnte sich als eine weitere Medikation bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS / ADS bewähren. Erste Untersuchungen ergeben eine positive Wirkung bei Gabe dieses NMDA-Antagonisten.

Frage:

Gibt es Untersuchungen zu Memantine bei ADHS?

Ich habe von einem Arzt gehört, dass er ein Alzheimer-Medikament (Memantine = Axura) erfolgreich bei ADHS-Patienten einsetzt. Ich habe aber bisher keine Studien dazu gefunden. Wissen Sie mehr?

Antwort:

Zu den bisher noch wenig beachteten neurobiologischen Auffälligkeiten bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit einem Hyperkinetischen Syndrom gehören Abweichungen im Bereich der sogeannten NMDA Rezeptoren. Stark vereinfacht hat dieses System etwas mit der "inneren Bremse" im Bereich Impulskontrolle und Suchtverhalten zu tun.
Mit dem Wirkstoff Memantine hat man bereits früher versuchsweise recht gute Effekte bei verhaltensauffälligen Kindern erzielt, da die Selbststeuerung und auch Konzentrationsfähigkeit sich besserte. Vor einigen Jahren wurde dann der Wirkstoff zunächst vom Markt genommen (für einen oder wenige Tage) und dann als recht teures Medikament zur Behandlung von Demenzen vom Alzheimer-Typ wieder zugelassen.

Nun haben einige deutsche ADHS-Experten sehr wohl bereits Memantine sehr gerne in die Behandlung von ADHS (bei Erwachsenen) mit einbezogen, obwohl es keine kontrollierten Studien dazu gab. Positiv lassen sich bei einem Teil der Patientinnen gerade Gedankenrasen und Reizüberempfindlichkeit verändern, die Selbststeuerung scheint sich ebenfalls deutlich zu bessern und auch im Bereich der affektiven Labilität von ADHSlern wurden deutliche Besserungen berichtet.
Eine Sonderindikation ist der Einsatz von Memantine bei Patientinnen und Patienten mit ADHS und komorbiden Suchtproblemen. Da Memantine kein Abhängigkeitspotential hat und sogar im Bereich der Suchtmedizin gut bewährt ist, berichten einige Ärzte vom Einsatz bei Patienten mit ADHS und Sucht (z.b. Cannabis). Dies wird allein oder in Kombination mit einem Antidepressivum (z.B. Moclobemid) angewandt.

Aktuell ist jetzt eine erste Anwendungsstudie bei Kindern mit ADHS von einer Arbeitsgruppe aus Cleveland publiziert worden. In dieser offenen Dosisfindungsstudie wurde über einen Zeitraum von 8 Wochen eine Memantine-Lösung von 10 mg bzw. 20 mg Memantine pro Tag gegeben und Untersuchungen zu Nebenwirkungen und Effekten ermittelt. Probleme, die zum Abbruch der Einnahme führten, traten nicht auf, Nebenwirkungen waren auf die erste Behandlungswoche beschränkt. Unter einer Dosis von 20 mg Memantine traten gute Effekte hinsichtlich der ADHS-Symptomatik auf. Die Autoren empfahlen weitere Untersuchungen zu den Einsatzmöglichkeiten dieses Therapieprinzipes bei Kindern mit ADHS.