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Enkopresis / Einkoten bei ADHS (Hyperkinetisches Syndrom)

Geschrieben von: Martin Winkler
Erstfassung: 25 Sep 2004. Geändert: 20 Nov 2006.

Abstrakt:

Welche Ursachen kann Einkoten bei einem verhaltensauffälligen Kind haben?

Frage:

Gibt es einen Zusammenhang zwischen ADHS und Einkoten (Enkopresis)?

Bei unserem 7 jährigen Sohn haben wir wiederholt in der Unterhose "Bremsspuren" gesehen. Er kann häufig auch überhaupt nicht den Stuhl halten und kotet immer wieder (auch nachts ein). Dabei hat er beim Spielen und in der Schule auch mit der Blasenkontrolle Probleme. Die Schule vermutet wegen seiner Unaufmerksamkeit und Verhaltensprobleme, dass er sexuell missbraucht oder vernachlässigt worden sei. Was können wir tun?

Antwort:

Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von psychischen Faktoren und möglichen Ursachen, die ein Einkoten (sog. Enkopresis) im Kindesalter bedingen können. Dabei ist die Voraussetzung für die Diagnosestellung, dass das Kind von seiner altersgerechten Entwicklung die Fähigkeit zur selbstständigen Urin- und Stuhlkontrolle hat. Sehr viele Eltern von ADHS-Kindern berichten aber, dass die Unterhose wiederholt "braun" und verschmutzt ist, oder aber auch weit länger als bei anderen Kindern überhaupt keine Kontrolle des Stuhlgangs besteht. Mehrfach berichten ADHS-Kinder dann, dass sie zu beschäftigt oder abgelenkt gewesen seien, um zur Toilette zu gehen. Oder aber sie waren gerade auf der Toilette ohne Erfolg und koten dann kurze Zeit danach ein. Offensichtlich ist die Wahrnehmung und auch Regulation des normalen Stuhlgangs bei diesen Kindern gestört.

Häufiger berichten Eltern auch, dass der Kot wie in kleinen Kugeln geformt sei und die Kinder Schmerzen angeben würden. Aber alle üblichen Massnahmen, um ein Toilettentraining zu erreichen, schlagen fehl.

Hier kann bei vielen Kindern tatsächlich die multimodale Therapie einschliesslich einer Stimulanzientherapie hilfreich sein. Allerdings müssen dabei zusätzliche psychische Faktoren (etwaige Belastung der Mutter-Kind-Interaktion, soziale Folgen der Ausgrenzung bzw. Scham dieser Kinder) berücksichtigt werden.

Eine besondere Problematik kann dabei eine Suchtproblematik innerhalb der Familie bedeuten. Häufiger findet man bei Drogenabhängigen Kinder mit entsprechenden Problemen. Daher sollte man sich auch hinsichtlich einer möglichen ADHS-Problematik der Eltern (z.B. Selbstmedikation mit Drogen bei ADHS) Gedanken machen.

Die psychodynamische (psychoanalytische) Auffassung, dass Einkoten auf "ungelöste" Konflikte hindeutet, sollte zumindest kritisch hinterfragt werden. Eine analytische Spieltherapie hat nach klinischer Erfahrung zwar eine lange Dauer, selten jedoch eine anhaltende Besserung der Symptomatik. Schuldvorwürfe bzw. Interpretationen, die einseitig Eltern eine Verantwortung für eine klinische Symptomatik zuschreiben, sollten sehr skeptisch betrachtet werden. Bei einer Behandlungsdauer von z.T. mehreren Jahren ohne jeglichen Erfolg sollten zuvor andere Therapiemöglichkeiten bevorzugt werden.

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