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  Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil)
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KOM2002 (question)  Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil)

Thread Messages in thread:

reply Re: Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil) , ****** , 03 Oct 2004 08:00
question Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil) , ****** , 01 Oct 2004 16:23
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Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil)
From: ******
Date: Fri, 1 Oct 2004 16:23:13 +0200
Language: German

 


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question
Ich weiß nicht, ob dieser Brief bei Ihnen angekommen ist. Deshalb sende ich ihn sicherheitshalber noch einmal. Sehr geehrter Herr Winkler, vielen Dank für Ihre schnelle Antwort! Ich habe in der letzten Zeit mehrmals versucht, mit meiner Therapeutin darüber zu sprechen, daß ich immer abhängiger von ihr werde, wenn sie mich so oft anruft, doch meine Therapeutin findet ihr Verhalten völlig normal und richtig. Meine Therapeutin hat vor fünf Jahren beschlossen, mich zwischen den Sitzungen anzurufen, weil sie merkte, daß es mir besonders zwischen Freitag und Montag, wenn zwei Tage zwischen den Therapiestunden lagen, wieder schlechter ging. Ich war ein unerwünschtes Kind und bin von meiner Mutter mißhandelt worden. Meinen Vater kenne ich kaum. Seit dem 14. Lebensjahr leide ich unter schweren Depressionen, Ängsten, Zwängen, Schlafstörungen, Eßstörungen und schlimmen körperlichen Schmerzen, die seelisch bedingt sind. Eigentlich befinde ich mich seit dem 14. Lebensjahr in einer Dauerkrise, denn ich bin fast ständig völlig verzweifelt. Das ist wohl der Grund, warum meine Therapeutin auf die Idee kam, täglich mit mir zu sprechen. Zeitweise schien es auch so, als würde mir das helfen. Noch nie in meinem Leben hat sich jemand so viel um mich gekümmert wie meine Therapeutin. Ich habe eine amtliche Betreuerin, weil ich manchmal in so schwere Krisen gerate, daß ich mich um nichts mehr kümmern kann. Meine Betreuerin hat meine Therapeutin vor fünf Jahren angerufen und sie gefragt, ob sie eigentlich wisse, was sie tut, und meine Therapeutin hat ihr versichert, daß sie das ganz genau weiß. Die Anrufe zwischen den Therapiestunden seien mit der Krankenkasse abgesprochen, und sie habe eine gute Supervision. Danach war meine Betreuerin beruhigt und fand es bewundernswert, mit wieviel Einsatz und Geduld sich meine Therapeutin um mich kümmerte. Manchmal sagte meine Betreuerin auch genau das Gegenteil, nämlich, daß ich überhaupt keine Fortschritte mache und daß meine Therapeutin etwas falsch macht. Meine Betreuerin ist der Meinung, daß es zum Teil meine Schuld ist, daß meine Therapeutin sich so viel um mich kümmert und Grenzen überschreitet, weil ich wie ein Kind wirke, mit dem man Mitleid haben muß. Ich habe meine Therapeutin vor fünf Jahren nicht darum gebeten, mich so oft anzurufen. Das war allein ihre Idee. Aber ich habe sie gefragt, ob sie mich nach der Therapie besucht, weil ich so eine große Angst davor hatte, sie nie wiederzusehen. Meine Therapeutin antwortete, daß sie mich nach der Therapie besuchen wird. Ich habe meine Therapeutin auch gefragt, ob sie an den Wochenenden mit mir Ausflüge macht und in den Ferien mit mir verreist. “Sie wissen doch, daß das jetzt noch nicht geht”, antwortete sie. Daraus habe ich geschlossen, daß das zwar jetzt noch nicht, aber nach der Therapie möglich sein wird. Ein paar Monate später sagte meine Therapeutin plötzlich, daß wir niemals zusammen verreisen werden, weil ich nach der Therapie von ihr unabhängig sein muß. Da war ich völlig verzweifelt und wollte nicht mehr leben. Ich konnte nicht begreifen, warum sie mir ein paar Monate vorher etwas ganz anderes gesagt hatte. Meine Therapeutin erklärte mir auch, daß sie mich zwar nach der Therapie besuchen würde, aber nicht sehr oft und schon gar nicht jedes Wochenende. Sie sagte, wir würden niemals enge Freunde sein. Das konnte ich gar nicht fassen, weil wir uns immer so gut verstanden hatten. Und wenn ich auf der Couch lag und meine Therapeutin darum bat, meine Hand zu halten, hat sie das immer sofort getan. In den letzten sechs Jahren ist so viel geschehen, wodurch ich das Gefühl bekam, daß meine Therapeutin mich nie mehr allein lassen würde. Sie sagte mir z.B. am Ende jedes Telefongesprächs, daß sie an mich denkt. Das sagte sie auch vor jedem Urlaub. Und wenn meine Therapeutin mich anruft, meldet sie sich nie mit ihrem Nachnamen, sondern sie sagt: “Ich bin’s!” Das klingt so, als wäre sie meine beste Freundin. Meine Therapeutin ruft mich sogar am 24. und 31. Dezember an und spricht eine halbe Stunde oder 45 Minuten mit mir. Meistens ruft sie um 12 Uhr mittags an. Sie glaubt, daß es mir hilft, wenn ich an Weihnachten und Sylvester mit ihr sprechen kann, weil ich dann nicht völlig allein bin. Ich habe oft das Gefühl, daß meine Therapeutin mich auch vermissen würde, wenn sie mich nach der Therapie nicht mehr so oft sieht. Sie hat das auch schon mehrmals andeutungsweise gesagt, und sie hat hinzugefügt, daß das aber so sein muß. Dabei hat sie traurig ausgesehen. Ich glaube, daß ich es niemals wirklich akzeptieren kann, daß ich eines Tages unabhängig von meiner Therapeutin sein muß, solange ich spüre, daß sie darüber genauso traurig ist wie ich. Wenn ich merke, daß sie mich genauso braucht wie ich sie, fange ich immer wieder an zu hoffen, daß sie sich das alles noch anders überlegt und nach der Therapie doch noch meine beste Freundin wird. Ich bin in den letzten Jahren schon mehrmals für sechs bis acht Wochen in eine psychosomatische Klinik gegangen, nur um meine Therapeutin eine Zeitlang nicht zu sehen. Ich war oft so verzweifelt über das widersprüchliche Verhalten meiner Therapeutin, daß ich einfach nicht mehr wußte, was ich tun sollte. Deshalb wollte ich unbedingt von zu Hause weg. Doch während ich in den Kliniken war, hat meine Therapeutin mich auch dort zweimal pro Woche angerufen, worüber ich dann plötzlich wieder sehr froh war, weil ich sie so vermißt habe. Früher hat meine Therapeutin samstags und sonntags jeweils sechzig Minuten mit mir telefoniert, manchmal war es auch zehn, zwanzig oder sogar dreißig Minuten länger. In letzter Zeit achtet meine Therapeutin genau darauf, daß sie das Gespräch nach fünfzig Minuten beendet. Das kann ich nicht begreifen, weil sie früher nie so genau auf die Zeit geachtet hat. Als ich meine Therapeutin nach dem Grund fragte, gab sie mir nur eine ausweichende Antwort. Ich finde es manchmal unerträglich, daß meine Therapeutin ganz allein bestimmt, wie lange wir miteinander sprechen. Wenn ich nach fünfzig Minuten noch ganz kurz etwas sagen möchte, dann darf ich das nicht. Darüber habe ich vor zwei Wochen mit meiner Therapeutin diskutiert. Ich habe gesagt, daß ich nicht verstehe, warum sie samstags und sonntags das Gespräch nach genau fünfzig Minuten beendet, denn am Wochenende fänden ja normalerweise keine Therapiestunden statt. Und private Gespräche müßten ja nicht unbedingt genau fünfzig Minuten dauern. Meine Therapeutin behauptete, daß wir an den Wochenenden keine privaten Gespräche führen. “Ich habe noch nie gehört, daß Therapeuten ihre Klienten am Wochenende anrufen und mit ihnen therapeutische Gespräche führen!” sagte ich. “Ich schon!” sagte meine Therapeutin. “Und wo haben Sie das gehört?” fragte ich. Darauf bekam ich keine Antwort. Vor zwei Jahren habe ich eine Opferentschädigung beantragt, weil ich als Kind mißhandelt wurde. Dieser Antrag wurde vom Versorgungsamt abgelehnt, weil ich nicht genug Beweise dafür hatte, daß ich mißhandelt wurde. Jetzt muß ich gegen diese Entscheidung klagen. Vor zwei Wochen habe ich meine Therapeutin gebeten, mir zu helfen und mir schriftlich zu bestätigen, daß ich ihrer Ansicht nach tatsächlich mißhandelt worden bin. Doch meine Therapeutin wollte das nicht machen. Als Grund nannte sie die Abstinenzregel. Da habe ich Wut bekommen und mich total im Stich gelassen gefühlt, denn ich dachte, die Abstinenzregel sei nur eine Ausrede, weil meine Therapeutin mir nicht helfen wollte. Ich habe meine Therapeutin gefragt, warum diese Abstinenzregel ihr erlaubt, mich mehrmals in der Woche zu Hause anzurufen, aber ihr verbietet, mir diese Bestätigung zu schreiben. Auf diese Frage bekam ich keine befriedigende Antwort. Vor zwei Wochen habe ich meiner Therapeutin gesagt, daß ich am Wochenende nicht mehr angerufen werden möchte, daß ich in den nächsten vier Wochen nicht kommen werde, daß ich keine Weihnachts- und Geburtstagskarten mehr haben will und an Weihnachten und Sylvester nicht mehr angerufen werden möchte. Und ich habe meiner Therapeutin gesagt, daß ich nicht mehr möchte, daß sie mich nach der Therapie besucht. Es fiel mir furchtbar schwer, das alles zu sagen, doch ich hatte das Gefühl, es tun zu müssen. Seitdem ruft meine Therapeutin nur noch werktags bei mir an. Ich war seit mehr als zwei Wochen nicht in ihrer Praxis und werde auch in den nächsten zwei Wochen nicht hingehen. Es kommt vor, daß ich meine Therapeutin gar nicht mehr wiedersehen möchte, doch im nächsten Augenblick bekomme ich eine panische Angst und glaube, sterben zu müssen, wenn ich sie nie wiedersehe. Ich weiß eigentlich überhaupt nicht mehr, wie es weitergehen soll. Ich habe meiner Therapeutin vor einem Jahr gesagt, daß ich nur noch einmal pro Woche und nicht mehr dreimal pro Woche kommen möchte. Ich habe damals schon versucht, den Kontakt mit meiner Therapeutin zu reduzieren, um nicht noch abhängiger von ihr zu werden. Im letzten Jahr hat meine Therapeutin mich mehrmals gefragt, ob ich nicht doch wieder häufiger zu ihr kommen möchte. Sie fragte das immer dann, wenn es mir besonders schlecht ging. Doch ich wollte nicht mehr als einmal pro Woche hingehen. Trotz der reduzierten Stundenzahl bin ich im letzten Jahr nicht weniger abhängig von meiner Therapeutin geworden. Ich habe es zwar geschafft, ihr zu sagen, daß ich am Wochenende nicht mehr angerufen werden möchte, aber wenn ich mir vorstelle, meine Therapeutin irgendwann nie wiederzusehen, bekomme ich immer noch eine panische Angst und weiß nicht, wie ich weiterleben soll, wenn sie nicht mehr da ist. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einen Rat geben könnten!
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Re: Abhängigkeit von einer Psychoanalytikerin (2. Teil) (Reply to: 34387 from ****** )
From: ******
Date: Sun, 3 Oct 2004 08:00:13 +0200
Language: German

 


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Hallo Sylvie !

Sie erkennen, dass Sie eine "ganz besondere" Beziehung zu ihrer Psychoanalytikerin aufgebaut haben, die sicher weit über übliche therapeutische Arbeitsbeziehungen hinausgeht. In der Psychoanalyse kann es darum gehen, neue Beziehungserfahrungen zu ermöglichen und eine neue Bewertung von alten schlechten Erfahrungen zu machen. Dazu gehört das sich Einlassen auf die Therapeutin genauso wie die Loslösung. In diesem Loslösungsprozess sind sie gerade.

Sie schreiben, sie haben panische Angst vor dem allein sein oder verlassen werden. Dies könnten Hintergründe für die Gesamtproblematik sein, aber auch Signale,die ihre Therapeutin zu diesem aus meiner Sicht doch sehr ungewöhnlichen Therapeutenverhalten veranlasst. Sie nehmen jetzt wahr, dass sich diese Therapeutin weder wie eine Therapeutin noch wie eine Freundin, Schwester oder Mutter verhält. Sie hat ihre eigene ganz besondere Stellung in ihrem Leben. Dies hatte eine Menge Vorteile und hat jetzt einige gewisse Probleme.

Sie müssten lernen können, neue Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen zu können und zu dürfen. Schon rein zeitmässig ist dies aber bei dieser Frequenz von Therapie und Anrufen ganz schön schwierig, ja es besteht ja schon fast eine eifersüchtige Kontrolle ihres Lebens durch die Therapeutin.

Vielleicht gäbe es aber eben auch andere Interessen in ihrem Leben. Hobbys in der Volkshochschule, Beschäftigung mit Tieren oder Natur in einem Verband, Sport, Treffen mit anderen Menschen in einer Begnungsstätte, Vielleicht aber auch eine Partnerschaft? Eine Weiterbildung oder Beschäftigung wäre ebenfalls eine Möglichkeit soziale Kontakte zu bekommen.

Dazu gäbe es eine Reihe von Möglichkeiten. Derzeit scheint aber die Loslösung von der Therapeutin das Hauptthema in ihrem Leben zu sein. Es ist schade, dass diese Therapeutin ihnen dies recht schwierig zu machen scheint. Andererseits zeigt ihr Wunsch nach Selbstständigkeit doch auch, dass sie grosse Fortschritte in der Therapie gemacht haben und nicht auf diese Therapeutin mehr angewiesen wären. Auch ohne die Psychoanalyse wären sie nicht allein. Sie hätten jede Menge Unterstützung und könnten neue soziale Netze knüpfen. Noch ist ein Leben ohne die Therapie unvorstellbar. Ihnen fehlt verständlicherweise eine konkrete Vorstellung oder ein Bild davon. Sie sollten ihre Vorstellung und Phantasie spielen lassen und sich davon ein Bild machen. Es muss kein bedrohliches Bild werden. Sondern könnte eine neue Herausforderung sein.


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