Wann ist eine Krankschreibung oder Berentung bei einer Panikstörung erforderlich?
Ich leide seit mehreren Wochen unter einer Angststörung mit Angstattacken beim Autofahren. Ich befürchte beim Autofahren ohnmächtig zu werden und an eine Leitplanke oder in die Gegenfahrbahn zu geraten. Ich bin Vertreter im Aussendienst und kann seither nur unter Tabletteneinfluss mein PKW führen (oder ich trinke). Mein Arzt will mir aber keine Benzodiazepine mehr verschreiben. Ich möchte von meinem Arzt weiter krankgeschrieben werden. Müsste ich nicht eigentlich in Rente geschickt werden?
Antwort:
Dennoch wird nur sehr selten eine dauerhafte Krankschreibung sinnvoll sein - ja sie kann letztlich sogar eher dazu führen, dass sich die Erkrankung weiter chronifiziert und verschlimmert.
Sicher kann es sinnvoll sein, für einige Tage oder auch Wochen mit der Zielsetzung einer akuten Entschärfung der Situation eine Krankmeldung auszustellen. In dieser Zeit könnte z.B. durch einen Facharzt eine medikamentöse Therapie mit Hilfe eines Antidepressivums eingeleitet und zumindest die Suche nach qualifizierter ambulanter oder stationärer psychotherapeutischer Hilfe gestartet und konkret eingeleitet werden.
Was spricht nun gegen eine längere Krankschreibung oder Berentung?
Kennzeichen der meisten Angsterkrankungen ist es gerade, dass eine Konfrontation mit den Ängsten vermieden wird, bzw. mehr oder weniger Tricks angewendet werden, um nicht die Symptome der Angst zu spüren. Dieses sog. Vermeidungsverhalten und die Angst vor der Angst (Erwartungsangst bzw. antizipatorische Angst) beruhen aber in den allerseltesten Fällen auf Erfahrungen oder realistische Erwartungen, sondern stellen Katastrophisierungsgedanken oder ins extreme gesteigerte Befürchtungen dar. Je länger dabei der Kontakt zur Realität gemieden wird, desto abstrakter und unrealistischer werden die Ängste.
Durch die Krankschreibung würden also diese irrealistischen Ängste und Gedanken durch den Therapeuten bzw. Arzt letztlich noch bestätigt und anerkannt und die eigentlich völlig unzutreffende Beurteilung des Patienten noch verfestigt.
Dies sollte nicht falsch verstanden werden. Ohne Zweifel leiden die Patienten (und ihr Umfeld) unter der Angststörung und häufig genug ist auch eine schnelle Hilfe nicht möglich. Aussagen wie "man möge sich doch nicht so anstellen" sind also ebenso falsch wie eben der Wunsch nach Schonung oder Berentung. Vielmehr gilt es in der Therapie einen angemessenen Mittelweg zu finden.
Häufig genug geht es dabei eigentlich nicht um die konkrete Auslösesituation der Panikattacke (z.B. hier das Autofahren), sondern um dahinter liegende Konflikte oder Probleme. Im obrigen Beispiel könnte z.B. ein Konflikt mit einem Vorgesetzen, drohende Veränderungen am Arbeitsplatz oder Probleme im häuslichen Umfeld mit eine Rolle gespielt haben. Die Auseinandersetzung mit diesen Problemen wird aber auch nicht gesucht.