Guten Tag,
ich bin ziemlich verzweifelt, da ich aufgrund einer Ess-Sucht innerhalb kurzer Zeit massiv an Gewicht zunehme. Ich bin 43 Jahre alt, weibl., war aufgrund psychischer Probleme mehrfach in psychsom. Kliniken und amb. Therapie. Ich weiß in der Theorie über vieles Bescheid, was hinter der Sucht steckt. Es hapert bei der Umsetzung die Probleme anders zu bewältigen. Ich habe soviel Therapie hinter mir, dass ich glaube diesbezügl. austherapiert zu sein. Aber was kann ich noch tun? Ich habe einen BMI von 30, hatte allerdings auch schon mal einen von 20 und 44. Jetzt habe ich Angst bald wieder so massiv übergewichtig zu sein.
Zur Info: ich nehme Citalopram 40 mg / tägl. und ich würde mich jetzt nicht als depressiv bezeichnen. Mein Problem ist, dass ich bei den geringsten Unlustgefühlen den (kurzfristig) einfacheren Weg wähle: das Essen
Das endet dann in absoluten Selbsthass...ein Teufelskreis halt.
Vielleicht haben Sie ja noch eine Idee, wie ich mein Problem bewältigen kann.
Vielen Dank!!!
So pauschal ist es sicher nicht zu beantworten. Aus meiner klinischen Erfahrung würde ich neben den sicherlich bekannten Ratschlägen (geregelte Ernährung nach einem Essplan, Sport , Bewegung im Alltag, Entspannungsverfahren, soziale Kontakte) folgendes Vorgehen wählen.
Häufig ist es ja so, dass scheinbar aus "heiterem Himmel" die Stimmung kippt. Wie ein Schalter ist aber danach eben das Gefühl und auch die innere Geschwindigkeit bzw. Kontrolle anders. Essen wird beschleunigt bzw. suchtartig.
Der "Schalter" für diese Änderung ist versteckt, weil dissoziativ geschützt. Er lässt sich triggern (auslösen) durch ganz alltägliche emotionale Ereignisse, hat aber eine Bezug zur Vergangenheit. Unlust ist da ein Beispiel. Aber auch Erschöpfung.
Im weitesten Sinne sind es also "Traumata", die aber nicht durch Gewalt oder Missbrauch entstanden sein müssen. Es können sehr banal erscheinende Verletzungen in der frühen Kindheit sein. Viele meiner Patientinnen erkennen da z.B. Zwang beim Essen in der frühen Kindheit, Verlassenheitsängste, Scham.
Nun gibt es verschiedene Wege an diese Ursachen zu kommen. Tiefenpsychologie / Psychoanalyse könnte prinzipiell ein Weg sein (den ich aber nicht gehen mag). Ich persönlich arbeite therapeutisch mit einem noch nicht etabilierten Verfahren (siehe auch
http://www.besser-als-erwartet.de) bei dem der Auslöser bzw. die Veränderungen des Gefühls in Bilder übersetzt werden. Vielleicht könnte so ein Verfahren für sie eine Hilfe sein. Ansonsten eben die Möglichkeiten der Psychotherapie, um den Ursachen der Stimmungsänderung , Des Selbsthasses und eben des Kontrollverlustes wirklich auf den Grund zu gehen.