Gibt es Studien zur Ritalingabe bei (scheinbar)therapieresistenten Depressionen?
Das ist ja in Deutschland off Label use. Mein Psychiater meint, da ich in der Kindheit scheinbar kein "Zappelphillipp" war, könne ich kein ADS/ADHS oder Mischform haben. Scheinbar ist das für ihn das einzig wichtige Kriterium :-(
Die Beantwortung ihrer Frage ist insofern schwierig, weil man einerseits die Behandlung einer "therapieresistenten" Depression von der Behandlung einer scheinbar therapieresistenten affektiven Labilität bzw. intermittierenden Dysphorie bei ADS unterscheiden muss.
In der psychiatrischen Fachliteratur ist unter dem Begriff Augmentationstherapie u.a. auch die Gabe von Methylphenidat bei Depressionen mit fehlendem Ansprechen auf mehrere Antidepressiva bzw. in der Kombinationsbehandlung beschrieben. Aktuelle Studien habe ich nicht parat, es ist aber auch kein allgemein übliches Vorgehen. Eine neue Ausnahme wäre wohl die Behandlung der manisch-depressiven Störung, wo man die Gabe eines Psychostimulans (Modafinil) derzeit mit einigem Erfolg anwendet.
Typisch für ADHS ist keinesfalls die motorische Hyperaktivität. Dies ist allenfalls ein mögliches, keinesfalls aber "verpflichtend" auftretendes Symptom.
Typisch für ADHS ist vielmehr, dass es zu Regulationsstörungen im Bereich der Selbstorganisation, Aufmerksamkeit, Gefühlskontrolle und Impulskontrolle kommt. Bildlich gesprochen kann man sich ADHS vieleicht wie einen Computerbildschirm vorstellen. Zum einen sind zu viele Fenster gleichzeit am laufen und man hat keine Kontrolle darüber, welche Fenster sich öffnen oder mit welchem Fenster man wirklich konstant arbeiten will. Je mehr Fenster auf sind, desto langsamer wird man. Je stärker man versucht, die Kontrolle darüber zu bekommen, desto vergeblicher wird es. Und zu allem Überfluss ist die Fähigkeit zu handeln, stark von Interesse und Emotionslage abhängig, die extrem von äußeren Einflüssen geprägt wird. Bei Interesse, fremder positiver Aktivitierung und Herausforderung ist die Stimmung da und die Handlungen gelingen. Bei Monotonie, Fremdbestimmung und wenn einem eine "Laus über die Leber läuft" sackt die Stimmung ab und ist gereizt (dysphorisch) und "launig".
Je häufiger man solche Phasen erlebt, desto geringer wird die Überzeugung, dies wirklich selber beeinflussen und steuern zu können. Das kann dann auch Depressionen zusätzlich auslösen. Selbstredend kann man also auch ADHS haben, ohne Zappelphillip gewesen zu sein.