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Zwangskrankheiten; Zwangserkrankungen; Zwangsneurosen; Zwänge; Zwangsgestört;
Definition Zwänge / Zwangsstörung Zugehörige Begriffe : Anankastische Neurose, Zwangsneurose
Definition Zwänge
Ein Zwang kann als sich wiederholt aufdrängende Gedanken, Bilder oder Impulse verstanden werden, die gegen den Willen der Betroffenen auftreten bzw. auch selber als übertrieben bzw. unsinnig empfunden werden (ego-dyston). Es entsteht also ein Unbehagen bzw. Leidensdruck, andererseits misslingt der Versuch sich gegen die Zwangsgedanken zu widersetzen. Vielmehr werden dann häufig Zwangshandlungen ausgeführt, wobei aber ein Gefühl von innerer Stimmigkeit bzw. Neutralisierung des Drangs nur schwer möglich ist.
Typisch ist, dass eine fehlerhafte Verbindung von Gedanken mit Verantwortung und Schuld vorgenommen wird.
Merkmale der Zwänge (nach ICD 10) sind :
- Quälend, d.h. hoher Leidensdruck für den Betroffenen und / oder sein Umfeld
- Gedanken und Impulse werden als eigene Gedanken erkannt (DD Schizophrenie)
- es gelingt nicht, gegen die Zwangsgedanken bzw. das Ausführen der Zwanghandlungen sich zu widersetzen
- Gedanken und Zwangshandlungen werden als nicht angenehm erlebt
- ständige Wiederholung der Gedanken, Vorstellungen oder Impulse
Unvollständigkeit = not just right experience
Viele Patientinnen und Patienten mit Zwängen beschreiben, dass die eigenen Handlungen, Wahrnehmungen und Gedanken als "nicht genau richtig" oder unstimmig bzw. eben nicht "vollendet" empfunden werden.
Zwangshandlungen
kann man als vergeblichen Versuch verstehen, den Zwangsgedanken entgegen zu wirken.
Dabei werden vom Zwangspatienten nach bestimmten Regeln bzw. Abläufen immer wieder (aber absichtlich) Handlungen wiederholt.
Die Grundannahme ist dabei, dass damit eine Katastrophe oder Schädigung verhindert werden kann bzw. damit die innere Anspannung vermindert werden kann
Wenn die Zwangshandlungen nicht immer und immer wiederholt werden, führt dies zur Angst bzw. massiven inneren Anspannung und Unruhe bzw. Zunahme der Zwangsgedanken.
Es gelingt dem Zwangspatienten aber eben gerade nicht, das Ausführen der Zwangshandlungen zu unterbinden.
Typische Zwangshandlungen sind u.a
- Waschzwang, Reinigungszwang (Angst vor Kontamination = Beschmutzung)
- Kontrollzwang
- Wiederholungszwang
- Zählzwang
- Symmetriezwang / Ordnungszwänge
- Horten / Aufbewahren / Sammelzwang -> Messie-Syndrom
- Aggressive Zwangsgedanken ("könnte meinem Kind was antun")
- Sexuelle Zwangsgedanken
- Magisches Denken
Häufigkeit der Zwangsstörungen
Die Häufigkeit der Zwangsstörung (1-Jahres-Prävalenz) wird heute auf 3,8 % angegeben.
Im Gegensatz zu vielen anderen psychischen Störungen sind etwa gleich viele Frauen wie Männer betroffen.
Häufig ist bereits in der Jugend bzw. sogar im Kindesalter der Beginn der Zwänge zu verzeichnen, es zeichnet sich dann häufig ein chronischer Verlauf und ausgeprägte Folgen hinsichtlich der familiären und beruflichen Funktionsfähigkeit ab.
Zwangsstörung Diagnostik
Von sich aus werden Patientinnen und Patienten mit Zwängen kaum das Thema ansprechen. Häufig werden daher eher durch die Angehörigen Hinweise auf eine entsprechende Problematik gestellt oder es ergeben sich durch die ständige Ausführung Hinweise z.b. auf ein Ekzem bei Waschzwängen.
Folgende Fragen sollten zur ersten Orientierung auf mögliche Zwänge gestellt werden :
1. Waschen und putzen Sie sehr viel ?
2. Kontrollieren Sie sehr viel ?
3. Haben sie quälende Gedanken, die Sie loswerden möchten, aber nicht können ?
4. Brauchen Sie für Alltagstäglichkeiten sehr lange, weil sie sie immer wieder wiederholen müssen ?
5. Machen Sie sich immer wieder Gedanken um Ordnung und Symmetrie ?
Häufige Fragen und Antworten zum Thema Zwangsstörung
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Was sind die Ursache von Zwängen ? Was verursacht das Problem Zwangsstörung?
Wie bei den meisten psychiatrischen Störungen geht man von einem Zusammenwirken von biologischen und psychischen Faktoren aus. Gerade bei der Zwangsstörung besteht aber offenbar ein hoher biologischer Anteil. Erste Hinweise auf eine kortikale Dysfunktion (besonders im Vorderhirnbereich) wurden schon 1804 (von Tuke) postuliert. Tatsächlich ergeben sich Hinweise darauf, dass im Kontrollsystem des Gehirns (dem fronto-orbitalen Kortex) eine sogenannte "neuronale Überaktivität" besteht. Besonders in einem besonderen Filterbereich, dem Striatum scheint dabei eine Fehlfunktion zu liegen, die eine angemessene Bewertung bzw. Filterung von Gedanken, Gefühlen und Impulsen verhindert.
Ebenfalls beteiligt dürfte der Botenstoff Serotonin sein. In mehreren klinischen Studien zeigte sich, dass serotonergen Medikamente (Clomipramin und SSRI-Antidepressiva) eine Wirksamkeit bei der Zwangsstörung aufweisen.
Zu den psychotherapeutischen Modellen der Zwangsstörung soll im Rahmen der Behandlung näher eingegangen werden. - Bin ich allein? Wie sieht meine Erfahrung aus im Vergleich zu den Erfahrungen anderer Patienten mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen aus ?
Wie schon dargestellt sind Zwänge mit einer Häufigkeit von ca 3,8 Prozent in der Bevölkerung vergleichsweise häufige Störungen. Wie kaum eine andere psychische Störung werden aber Zwänge verheimlicht bzw. eben aus Scham und Angst nicht offen angesprochen.
Sicherlich kennen viele Menschen im Alltag Rituale oder auch mal Kontrolltätigkeiten, die aber eben längst nicht das Ausmaß von Zwangshandlungen erfüllen. Dies erschwert aber für die Patienten mit einer Zwangsstörung häufig, dann Verständnis für ihre individuelle Problematik zu gewinnen. - Ist es notwendig die Zwänge zu behandeln ? Wie ist der Spontanverlauf ohne Behandlung ?
Eine spontane Rückbildung = Spontanremission bei Zwängen ist extrem selten. Manchmal ist bei sehr frühem Beginn in der Kindheit bzw. Jugend eine gewisse Besserung zu verzeichnen. Häufiger ist jedoch, dass sich durch die Begleit- und Folgeprobleme der Zwänge (z.B. Isolation von anderen Menschen) Depressionen und leider teilweise auch Suchtprobleme einstellen. - Kann ich irgendetwas tun, um das Problem zu bessern?
Leider kaum. Zwänge sind ohne eine qualifizierte psychotherapeutische Behandlung (im Sinne einer Verhaltenstherapie mit Expositionstraining) bzw. ggf. einer medikamentösen Behandlung durch Methoden der Selbsthilfe nicht wirklich zu beeinflussen.
Sicher ist Information über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten schon eine gute Möglichkeit.
Therapeuten empfehlen darüber hinaus eine Selbstbeobachtung in Form einem Symptomtagebuch, um mögliche typische Situationen, Gedanken und damit verbundene Gefühle und Verhaltensmuster zu erkennen.
Hilfreich kann das Erlernen eines Entspannungsverfahrens wie der Progressiven Muskelentspannung sein.
- Was ist der Zweck der vorgeschlagenen Untersuchungen?
Eine beweisende körperliche oder sonstige Test-Methode zum Beweis oder Ausschluss von Zwängen gibt es so (in der klinischen Alltagspraxis) nicht. Wie bei allen psychischen Störungen versuchen aber Ärzte bzw. Psychotherapeuten zunächst mögliche körperliche Ursachen einer psychiatrischen Problematik auszuschliessen. Hierbei gilt die Regel, dass mindestens einmal im Leben auch eine bildgebende Diagnostik des Schädels (durch Computertomographie oder Kernspintomographie) gemacht werden sollte. Hier kann man aber in aller Regel keine Auffälligkeiten sehen.
Zusätzlich wird man eine Routinelabor-Untersuchung und ein EKG veranlassen.
- Welches sind die unterschiedlichen Behandlungsoptionen mit Medikamenten gegen Zwänge ?
- Welche Psychotherapie-Möglichkeiten gibt es bei der Zwangsstörung ?
- Welche Vorteile werden durch die Behandlung wahrscheinlich erzielt?
- Was sind die Risiken /unerwünschten Wirkungen / Nebenwirkungen dieser Behandlung?
- Wird die Behandlung die Symptome mindern?
- Wie lange wird es bis zur Wiedererlangung der Gesundheit dauern?
- Welche Auswirkung wird die Behandlung auf meine Empfindungen, Gefühle und seelisches Befinden haben?
- Welche Wirkung wird die Behandlung auf mein Sexualleben haben?
- Wie wird mein Risiko für erneute Rückfälle / Krankheit beeinflusst?
- Was müssen diejenigen wissen, die mich betreuen?
- Was kann ich machen, um die Gesundung zu beschleunigen?
- Welche Möglichkeiten gibt es für die Rehabilitation?
- Gibt es Beratungsmöglichkeiten für sozialrechtliche Fragen wie z.B. Auswirkungen einer Berentung / berufliche Wiedereingliederung etc?
- Wo kann ich mehr Informationen über das Problem oder über die Erkrankung erfahren?
- Gibt es in meiner Region Selbsthilfegruppen für Zwangsstörungen ?
Sollten Sie eine individuelle Beratung bzw. Hilfestellung bei diesen Fragen rund um die Zwangsstörungen / Zwangserkrankungen online oder am Telefon wünsche, so stehen Dipl.-Psychologen zur Beratung bereit :
Weitere Fachinformationen für Ärzte und Patienten zur Diagnostik und Behandlung von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Weitere Fachinformationen bzw. empfehlenswerte Webseiten zum Thema Zwangsstörung (Webseite medinfo)
Fachgesellschaft für Betroffene bzw. Experten zum Thema Zwangssstörungen
Die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen eV. (DGZ) bietet u.a. über einenn Internetauftritt, eine Mitgliederzeitschrift sowie zahlreiche Veranstaltungen eine Anlaufstelle sowohl für Betroffene und Angehörige von Zwangserkrankungen / Zwangsstörungen aber auch für Experten (Ärzte, Psychotherapeuten) wertvolle Informationen. In den Fachtagungen finden sich zahlreiche neue Therapieansätze, beispielsweise die Achtsamkeitsbasierte Therapie bei Zwängen oder aber auch ungewöhnliche Ansätze wie EMDR-Traumatherapie bei Zwangsstörungen.
Hier die Folien der meisten Vorträge und Workshops der Jahrestagung 2012 :
Vortrag Dipl.-Psych. Marit Hauschildt "Weiterentwicklung Selbsthilfeansatz" pdf-Datei==>
Vortrag Dipl.-Psych. Walter Hauke "Methodenintregation in der Behandlung" pdf-Datei==>
Vortrag Dipl.-Psych. Thomas Hillebrand "Exposition bei Zwangsgedanken" pdf-Datei==>
Vortrag Dr. med. Bernhard Osen "Achtsamkeit i.d. Behandlung von Zwängen" pdf-Datei==>
Vortrag Dr. med. Markus Pawelzik "Wie sollen wir den Zwang verstehen?" pdf-Datei==>
Vortrag Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer "Stationäre Therapie von Zwängen" pdf-Datei==>
Workshop: Dipl.-Psych. Dr. Karsten Böhm "EMDR" pdf-Datei==>
Workshop: Dipl.-Psych. Burkhard Ciupka-Schön "Motivation als Schlüssel" pdf-Datei==>
Workshop: Dr. med. Jan Martz "ACT bei Zwängen" Link==>
Workshop: Dipl.-Psych. Nicola Thiel "Schematherapie bei Zwängen" pdf-Datei==>
Workshop: Dipl.-Psych. Dr. Christpoh Wölk "Mit Handy/PC gegen Zwänge" pdf-Datei==>
Selbsthilfegruppen für Zwangsstörungen / Angehörigenberatung bei Zwängen
Wir empfehlen eine Kontaktaufnahme über Selbsthilfegruppen der DGZ (Deutsche Gesellschaft für Zwangsstörungen) Siehe hier
Aktuelle Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Zwangserkrankungen
Die aktuellen Behandlungsleitlinien (sog. S3-Leitlinien der AWMF) finden Sie hier
Weitere Suchmöglichkeiten zu Gesundheitsinformationen bei Zwangsstörungen und anderen psychischen und somatischen Erkrankungen
Zwangsstörung : Definition,Ursachen, Häufigkeit Beschwerden / Symptome / Diagnostik / Behandlung Medikamente Leitlinien/ Alternativmedizin bei Zwangsgedanken und Zwangshandlungen /Webseiten und Blogs / Selbsthilfe / / Expertenrat / Bücher
Was ist eine Zwangsstörung ? Was sind Zwänge ?
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
F42 | Zwangsstörung | |
ICD-10 online (WHO-Version 2006 |
1. Wikipedia : Informationen zu Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Was sind die Symptome / Beschwerden bei Zwangserkrankungen
Behandlung / Medikamente / Leitlinien
Web4health : Behandlung von Zwangserkrankungen
Hilfe für Angehörige von Patienten mit Zwangserkrankungen
1. Psychiater-im-Netz Informationen für Angehörige von Zwangspatienten
2. Zwangserkrankungen.de Informationen und Anlaufstellen für Angehörige
Fachgesellschaft / Selbsthilfegruppen
1. Zwänge.de : Deutsche Gesellschaft für Zwangserkrankungen
Blogs / Foren
1. Zwangserkrankungen Forum und weitere Informationen über Zwänge
Nachrichten und Artikel zum Thema Zwangsstörung
Bücher / Patientenratgeber
Dieses Link-Verzeichnis interessanter medizinischer Informationen im Internet ist noch nicht fertiggestellt und wird fortlaufend ergänzt. Wenn Sie Interessante Links / Webseiten zu unserem Verzeichnis hinzufügen wollen oder eine komplette Seite zu einer Krankheit / Symptomen erstellen wollen, schicken Sie uns einfach eine Mail an dr.martin.winkler(at)googlemail.com