Frage:
Wie kann man Selbstvertrauen entwickeln ?Antwort:
Wenn man versucht eine Definition für Selbstvertrauen oder Selbstwert zu geben, so spielt die Bewertung der eigenen Persönlichkeit bzw. die Fähigkeiten Einfluss auf sein Leben bzw. die Umwelt zu nehmen eine grosse Rolle. Dies bezeichnen Psychotherapeuten auch als Selbstwirksamkeit : Damit ist die positive Erfahrung gemeint, dass man durch sein eigenes Auftreten und Handeln Einfluss auf sein Leben in einem positiven Sinne nehmen kann.
Die Wurzeln für ein gesundes Selbstvertrauen ist das Erleben von ausreichender Sicherheit und Bindung in der frühen Kindheit bzw. Selbstwirksamkeit.
Hohes Selbstvertrauen gegenüber Anforderungen bedeutet also, dass man sich einer bevorstehenden Herausforderung oder Aufgabe gut gemeistert sieht und erwartet, dass man sie gut bestehen wird. Ein geringes Selbstvertrauen führt eher dazu, dass man eine pessimistische Grundhaltung bzw. Erwartung einnimmt, und befürchtet zu scheitern.
Selbstvertrauen bezieht sich also nicht unbedingt auf die absoluten Fähigkeiten, sondern eher auf die Erwartungshaltung für Problemstellungen. Natürlich wird man aber eher ein positives Selbstvertauen entwickeln, wenn man mehr positive Erfolgserlebnisse als Misserfolge hatte.
Niemand kommt mit einem fehlendem Selbstvertrauen oder Selbstwertgefühl zur Welt. Aber Menschen unterscheiden sich biologisch schon darin, ob und wie sie Erfolge oder Misserfolge erleben und abspeichern.
Vermutlich spielen hier sowohl genetische Faktoren (angeborene Veranlagung), mehr aber Lernerfahrungen eine Rolle, ob sich Selbstvertrauen und positives Selbstwertgefühl entwickeln können. Aus der Resilienz-Forschung wissen wir, dass sich Menschen trotz widriger Umgebungsbedingungen sehr unterschiedlich entwickeln. So gibt es Kinder und Jugendliche, die dennoch ein positives Selbstbild bzw. Selbstwertgefühl entwickeln, obwohl ihre eigene Kindheit durch Gewalterfahrungen, Vernachlässigung oder andere widrige Erfahrungen geprägt ist. Einige Forscher diskutieren hier, dass die genetische Grundausstattung anders ist, so dass sie weniger empfindlich auf negativen Stress reagieren bzw. es ihnen besser gelingt, damit umzugehen.
Besonder bei Vorliegen von angeborenenen Entwicklungsbesonderheiten bzw. frühkindlichen Störungen wie ADHS, Asperger oder anderen Entwicklungsstörungen mit Beginn im frühen Kindesalter ist es häufig so, dass sich schwer ein positives Selbstbild bzw. Selbstvertrauen entwickeln kann.
Es gibt Kinder, die machen sich schon in frühen Jahren ihres Lebens über alle möglichen und unmöglichen Dinge negative Gedanken bzw. fallen durch mehr oder weniger total übertriebene Schuldgefühle auf. Wenn diese Kinder irgendwo beispielsweise ein kaputtes Glas oder eine sonstige Beschädigung sehen, fühlen sie sich sofort schuldig (obwohl sie daran überhaupt nicht beteiligt sind). Auffällig ist, dass sie sich dann für Dinge entschudligen bzw. sich verantwortlich fühlen, die mit negativen Dingen verknüpft sind. Für Erfolge bzw positive Dinge sehen sie sich aber nicht verantwortlich.
Hier zeigen neuere Untersuchungen, dass dies mit anatomischen Veränderungen im Gehirn zusammenhängen könnte. So weisen funktionelle bildgende Verfahren darauf hin, dass bestimmte Hirnarale wie die laterale Insula im Gehirn bei diesen Kindern kleiner als bei einer Normstichprobe ist.
Diese Veränderungen im Kindesalter sind dann Vorläufer bzw. Risikofaktoren für ein geringes Selbstvertrauen bzw. Erkrankungen wie Depressionen, Angst, Zwangsstörungen oder Essstörungen.
In den Studien zeigte sich ein bis zu 2,5 fach erhöhtes Risiko für chronische oder rezidivierende Depressionen bei Kindern, die solche neuroanatomische Veränderungen im Bereich der rechten Insula.
Beispiel für fehlendes Selbstvertrauen bei einem 10 jährigen Kind mit ADHS-Veranlagung :
Vom Klassenlehrer werden die Eltern des 10 jährigen Tim zu einem Elterngespräch eingeladen. Obwohl Tim von den Lehrern aufgrund seines aufgeweckten Wesens, seiner Begabung für Theater und Englisch sowie seine sportlichkeit geschätzt wird, fällt Tim immer wieder durch selbstabwertende Kommentare auf :
Der Lehrer berichtet von einer Sillarbeit, bei der die Schüler sowohl eigene Stärken wie auch Schwächen aufschreiben sollten. Obwohl Tim ja so ein toller Junge sei, seien ihm 10 negative Eigenschaften bzw. Schwächen aber keine einzige Stärke oder positive Eigenschaft eingefallen. Besorgt fragte der Lehrer, ob der Junge denn zu Haus nur Kritik oder Bestrafung erfahre und ob ihn die Eltern denn überhaupt nicht loben würden. Tim müsse man "bei Erfolgen" erwischen.
Der Vater berichtet, dass sie genau dies schon im Kindergarten bzw. der Grundschule ähnlich erlebt hätten. Und daher auch u.a. durch Freizeitaktivitäten wie Klettern im Hochseilgarten oder aber Förderung von Talenten und Stärken (z.B. Englisch-Ag, Auslandsaufenthalte) bzw. Integration in Gruppen versucht hätten, Tims Stärken zu stärken.
Lob würde aber geradezu an ihm abprallen.
Vermutlich gibt es nun weder eine Wundertherapie noch einen alleinigen Weg, um mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu entwickeln.