In vielen Beipackzetteln zur Behandlung mit Medikamenten steht die Warnung : Achtung, dieses Medikament kann ihre Fahrtüchtigkeit einschränken.
Nun gilt es generell, dass bei allen im Gehirn bzw. auf die Wachheit wirkenden Medikamenten, speziell aber eben bei Psychopharmaka besondere Vorsicht in der Einstellungsphase auf ein neues Medikament hinsichtlich der Fahrsicherheit bzw. dem Autofahren gilt.
Im Rahmen einer mittelschweren bis schweren depressiven Störung ist mit erhelbichen kognitiven Einschränkungen zu rechnen. Das bedeutet, dass die Umstellungsfähigkeit auf neue Situationen und Reize, aber auch die Daueraufmerksamkeit und Ablenkbarkeit im Rahmen der psychischen Probleme beeinträchtigt sein kann.
Häufig berichten die Patientinnen und Patienten, dass sie müde und erschöpft sind, Schlafstörungen bestehen und schon eine kürzere Phase der Konzentrationsanforderungen zu einer Überforderung führt. Es sollte dann naheliegend sein, dass damit auch das Autofahren unmöglich ist.
Eigentlich müsste der Psychiater jeden seiner Patienten und Patientinnen auf die Risiken beim Autofahren im Rahmen der Pharmakotherapie hinweisen.
Dies gilt besonders bei Antidepressiva, die besonders starke Nebenwirkungen in Hinblick auf Müdigkeit bzw. Sedierung haben. Hierzu gehören speziell die (älteren) tricyclischen Antidepressiva bzw. das von vielen Hausärzten häufig verordnete Opipramol, aber auch Antidepressiva mit dem Wirkstoff Mirtazapin (z.B. Remergil).
In ersten Untersuchungen zu dem Thema Antidepressiva und Unfallrisiko unter Medikamenten zeigten sich aber überraschend wenig Unterschiede zwischen diesen "sedierenden" und nicht sedierenden Antidepressiva wie die häufig verwendeten SSRI oder Venlafaxin.
Anders ausgedrückt : In einer aktuellen Studie zeigte sich , dass Frauen mittleren Alters (was die Autoren als Altersspanne von 30 bis 60 Jahren definierten) unter selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer ein erhöhtes Unfallrisiko haben.
Eine neue Studie untersuchute jetzt die Verkehrssicherheit bei den relativ häufig eingesetzten Präparaten mit den Wirkstoffen Venlafaxin und Agomelatin (Valdoxan).
Dabei zeigte sich in sehr umfangreichen Untersuchungen, dass bei stationären Patienten die Behandlung mit Valdoxan (Agomelatin) oder Venlafaxin positive Effekte auf die Fahrtüchtigkeit der Patienten hatte. Das bezog sich auf Variablen wie
- Reaktionsfähigkeit
- Belastbarkeit
- Aufmerksamkeit
Die grössten Fortschritte ergaben sich dabei in den ersten 2 Behandlungswochen. Die Ergebnisse unterschieden sich nicht dahin gehend, ob nun Venlafaxin oder Agomelatin genommen wurde.
Bezogan auf die Begutachtungsleitlinien für die Einschätzung als "fahrtüchtig" ergaben sich keine Bedenken.
Quelle Verkehrssicherheit depressiver patienten unter Agomelatin oder Venlafaxin
Brunnauer et al (2016) Psychopharmakothreapie 23:14-21