Schwere Depression bei Mutter - Was können Angehörige tun?

Gechrieben von: Dr Martin Winkler, Klinik Lüneburger Heide, Bad Bevensen

Erstversion: 29 Nov 2007. Letzte Änderung: 29 Nov 2007.

Frage:

 Wie kann ich meiner Mutter helfen, die wohl eine schwere Depression hat?

Meine Mutter, 48, leidet seit einigen Monaten an schweren Depressionen. Heute hat sie mich völlig aufgeläst angerufen, sie sehe keinen Sinn mehr im Leben... Ich bin natürlich sofort zu ihr gefahren und kümmere mich jetzt auch um sie, aber ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Sie hat aufgrund von finanziellen Problemen ihre Psychotherapie (die ihr sehr geholfen hat) abgebrochen, bekommt jedoch keine finanziellen Unterstützungen, weil mein Vater genug Geld hat, ihr aber keines gibt. Von mir will sie sich ebenfalls nicht finanziell helfen lassen, weil ich noch studiere. Weiters hat sie Probleme mit ihren Medikamenten, ihre Schlafmittel wirken kaum und ihre Depressionen verschlimmern sich von Tag zu Tag. Sie bekommt jedoch frühestens in 3 Wochen wieder einen Termin bei ihrem Psychiater. - Was, wenn sie sich bis dahin umgebracht hat?! Sie will keinen stationären Aufenthalt im Krankenhaus, weil sie nicht klasseversichert ist und nicht mit schwer psychisch gestörten Menschen im Zimmer sein will. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter zweimal Krebs hatte und seithet 'krankenhausgestört' ist, sie hält es nicht länger als ein paar Tage in einem KH aus. Was kann ich tun außer mit ihr zu reden, spazieren zu gehen, ihr den Haushalt zu machen, etc. Was kann ich wirklich tun? Bitte helfen Sie mir weiter! Ich habe wirklich große Angst um sie.

Antwort:

Zunächst ist es natürlich gut und richtig, dass Sie sich Sorgen machen. Andererseits besteht durchaus die Gefahr, dass Sie sich instrumentalisieren lassen. Ihre Mutter hätte Ansprechpartner und therapeutische Möglichkeiten. Ich vermute, dass sie in Österreich oder der Schweiz leben, da kenne ich mich nicht ganz so gut mit den Optionen aus. Zunächst würde ich sagen, dass jeder Hausarzt zunächst eine Anlaufstelle wäre. Hier kann man klären, ob nicht eine antidepressive Medikation erforderlich sind. Schlafmittel lassen natürlich mit der Zeit nach. Sie sind nie dafür gedacht, länger als vielleicht 3 Wochen eingenommen zu werden. Wenn dann eine depressive Symptomatik nicht angemessen behandelt wird und die Medikamente auch richtig eingenommen werden, ist es natürlich schwierig.

Hier gilt es aber dennoch, die Verantwortung ganz klar abzugeben. Die Verantwortung für das Leben ihrer Mutter liegt bei ihrer Mutter. Sie können ihr nur anbieten sie zu unterstützen. Mit ihr zu reden und spazieren zu gehen ist schon gut. Sie sollten aber ungeachtet von finanziellen Problemen sich nicht erpressbar machen oder für das Wohlergehen verantwortlich fühlen. Hier könnte ihre Mutter eben entweder in einer Tagesklinik oder auch vollstationär eine Hilfe annehmen. Wenn sie weiter mit Selbstmordgedanken "spielt", sollte man dies notfalls auch gegen den Willen der Patientin gerichtlich veranlassen. Ich weiss nicht, welche Horrorvorstellungen ihre Mutter mit einer Klinik verbindet. Aber sind sind auf keinen Fall berechtigt...Oder eben klären lassen, ob akute Suizidalität oder eher ein versteckter Appell ständig bei ihr zu sein dahinter steht.