ADHS Erklärung und Aufklärung für ein Kind

Gechrieben von: Dr. Martin Winkler

Erstversion: 2014-01-10. Letzte Änderung: 2014-01-12.

Frage:

 Wie erkläre ich meinem Kind ADHS

Antwort:

Wie erklärt man seinem Kind ADHS und ggf. die Notwendigkeit einer Medikation ?

Ich finde es wichtig, dass man in einer altersgemässen Form sein Kind mit in die Behandlung einbezieht und anschaulich vermittelt, was die positiven wie negativen Besonderheiten von ADS bzw. ADHS sind und welchen Sinn dann ggf. der Einsatz von Medikamenten haben kann.

Dabei ist es wichtig, die ADHS-Symptomatik und auch die Frage der Medikation nicht wertend zu vermitteln.

Kein Kind möchte als "defizitär" oder behindert bezeichnet werden bzw. dann vor seinen Freunden in der Schule entsprechend als "Pillenfresser" stigmatisiert werden.

Andererseits sind es aber gerade die mit Medikamenten wie Methylphenidat (Medikinet oder Ritalin, Concerta) oder Amphetamin (Attentin oder Elvanse) wurden, die nach einem Behndlungsversuch selber sehr positiv über die Wirkung der Medikation sprechen und zunächst auch nicht mehr darauf verzichten wollen.

Zunächst gilt es aber, ein kindgerechtes Erklärungsmodell der Problematik von ADHS zu finden. Die Bezeichnung Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom ist ja keinesfalls hilfreich. Zumeist leiden die Kinder ja gar nicht darunter, dass sie keine Aufmerksamkeit haben oder eben mehr Bewegungsdrang haben. Sie leiden eher darunter, dass sie ihre Aufmerksamkeit bzw. Energie nicht richtig steuern bzw. nicht bremsen können.

Ich versuche in Gesprächen meist zunächst zu erfragen, wie die Kinder bzw. Jugendlichen selber sich ihre Problematik erklären. Häufiger erhalte ich dann den Vergleich mit einem ständig laufenden Motor bzw. Auto oder Flugzeug, das aber nicht gut gesteuert bzw. reguliert werden kann.

Das übernehme ich dann sehr gerne in Aufklärungsgesprächen mit ADHS-Kindern und Jugendlichen bzw. ihren Eltern in einem Elterntraining. Das könnte dann in etwa wie folgt aussehen bzw. sich anhören :

Du kennst doch bestimmt ein Rennauto wie beispielsweise in der Formel 1. Dein Gehirn hat auch eine Art Turbo, d.h. ganz besonders viel Energie. Nur manchmal kannst du leider diese ganze Power eben nicht so umsetzen wie du das eigentlich möchtest. Bei einem Formel 1 Auto kommt es ja auch nicht nur auf die reine PS-Zahl (Power) an, sondern auch auf die Abstimmung mit dem restlichen Wagen. Also den Bremsen, dem Getriebe und so weiter.

Du hast auch ganz gute Bremsen. Für ein gutes Mountain-Bike würden deine Bremsen vielleicht reichen. Nicht aber für die ganze Energie eines Formel-1-Wagens. Wenn die eigenen Bremsen nicht richtig bzw. stark genug funktionieren kann man schon mal vom Weg abkommen und es kann zu Unfällen kommen. Oder das Getriebe kann die ganze Energie eben nicht dann auf die Strasse umsetzen, wenn es benötigt wird. Das bedeutet dann auch, dass das Anfangen (=Anfahren) oder Bremsen nicht so gut funktioniert. Überhaupt kann man dann sein Leben nicht so selber steuern, wie man es eigentlich möchte.

Kinder mit einem Turbo-Gehirn wie bei ADHS brauchen manchmal besondere Unterstützung bzw. ein Trainingsprogramm um mit dieser ganzen Energie bzw. dem Problem mit den Bremsen klar zu kommen.