Generika : Austauschpräparate

Gechrieben von: Dr. Martin Winkler

Erstversion: 29 Jul 2008. Letzte Änderung: 29 Jul 2008.

Frage:

 Wirken Austauschpräparte (Generika) bei ADHS genauso gut ?

Antwort:

Generika : Austauschpräparate wirken nicht immer gleich gut und sicher


Im Zuge der wirtschaftlichen Verordnung von Arzneimitteln ist es sicher richtig, dass Ärzte nach Möglichkeit sogenannte Generika = Austauschpräparate mit gleichem Wirkstoff einsetzen, wenn dies medizinisch vertretbar ist. In aller Regel wird der gleiche Wirkstoff eben auch die gleiche Wirkung bei dem Patienten erzielen können. Im Zuge der neuen Rabattverträge bei der Medikamentenausgabe in der Apotheke, hat sich die Bedeutung der Austauschmedikamente aber nochmals verschärft. Die Rabattverträge zwischen Krankenkasse und Hersteller von Medikamenten führen zum Teil dazu, dass eben nicht identische, sondern nur ähnliche Medikamente abgegeben werden. Manchmal sogar ohne Wissen des Arztes.

Wieso können sich die Wirkungen zwischen Markenprodukt und Austauschpräparat unterscheiden?

Es ist eine klinische Beobachtung, dass bei etwa einem von zehn Patienten Generika eben keine Wirkung haben bzw. deutlich stärkere Nebenwirkungen auftreten. Dies kann ganz unterschiedliche Gründe haben :

1. Unterschiedliche Beistoffe in den Tabletten / Kapseln der Generika

Zwar enthalten die Tabletten den gleichen Wirkstoff, die weiteren Mittel zur Konservierung bzw. Zusammenhalt der Tablette können sich aber unterscheiden. Das kann Unverträglichkeiten / Allergien oder aber eine ungleichmässigere Wirkung verursachen. Obwohl die schnell wirkenden Methylphenidatpräparate eben alle den Wirkstoff Methylphenidat enthalten, kann im Einzelfall z.B. Medikinet anders wirken als etwa andere MPH-Präparate

2.Unterschiedliche Pharmakokinetik bei Methylphenidaten
Gerade bei Medikamenten, bei denen nicht allein der Wirkstoff, sondern besonders auch die sog. Pharmakokinetik (= zeitlicher Verlauf der Abgabe des Wirkstoffs mit bestimmten Wirkstoffspitzen bzw. Verteilung über die Wirkdauer) eine Rolle spielt, kann man den Austausch nicht so einfach vornehmen. Es ist aber längst nicht allen Ärzten bzw. Apothekern bekannt, dass beispielsweise Equasym retard eine andere Verteilungskurve der Freisetzung hat als Ritalin LA, Medikinet retard oder etwa Concerta.

3. Generika werden in anderen Dosierungen angeboten

Aus Kostengründen werden bei Austauschpräparaten gerne höhere Dosierungen (z.B. 20 mg statt 10 mg) verabreicht und die Patienten dann aufgefordert, die Tablette einfach zu teilen. Das ist aber herstellerbedingt häufiger gar nicht möglich. Dies gilt besonders für die Retardpräparate, bei denen eine Schutzschicht (Retardierung bzw. spezielle Verkapselung) entscheidend sind. Es ist also z.B. nicht mögich Concerta oder aber auch die anderen Retardpräparate "zu halbieren". Selbst bei den kurz wirkenden MPH-Präperaten kann es zu Problemen führen, die richtige Menge zu finden.

4. Der "Placebo-Effekt" spielt eine Rolle ob das Medikament regelmässig genommen wird

Wir wissen, dass ca 30-40 Prozent der Medikamentenwirkung (unabhängig von der Art der Tablette) auf "Einbildung" beruht. Das ist keinesfalls nur negativ zu sehen. Auch wenn der sog. Placeboeffekt bei Stimulantien als eher gering eingeschätzt wird, ist jedoch der "Glaube" an das Medikament wichtig. Ähnlich wie ein Homöopath in der Sprechstunde ja sehr viel Zeit und Gefühl aufwendet, um eine "individuelle" Auswahl eines Stoffes für seinen Klienten vorzunehmen, spielt auch in der ärztliche Praxis die individuelle Beratung und Auswahl eines Medikamentes eine Rolle. Dabei wird weit mehr als nur eine Substanz ausgewählt. Vielmehr erfolgt eine Aufklärung über das Medikament und der Arzt vermittelt ja auch seine Überzeugung, die richtige Wahl getroffen zu haben. Gerade bei einem Medikament, das vielleicht eher bei Patienten und in der Öffentlichkeit mit Angst und Misstrauen behaftet ist, kann dies entscheidend dazu beitragen, ob nun das Präparat genommen wird oder nicht.

Wenn man in der Apotheke ein "anderes" Medikament bekommt, ist zunächst eine Verunsicherung da. Es mag ja pharmakologisch der gleiche Wirkstoff sein, die Verunsicherung und der Ärger über den Austausch ohne Informationen bleibt. Und das allein kann dazu führen, dass eben nicht eine erwartete positive Wirkung auftritt, sondern eher eine Selbstbeobachtung in Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen verstärkt wird. Dann nimmt man aber sehr einseitig Symptome wahr, die vielleicht überhaupt nicht mit dem Medikament sondern anderen Umgebungseinflüssen zusammen hängen.


Fazit bei Generika / Austauschpräparate :

Die verordnenden Ärzte sollten ihre Patienten auf die Möglichkeit des Austausch von Medikamenten hinweisen, aber auch die Grenzen aufzeigen, wenn dies eben gerade medizinisch nicht verantwortbar ist. Sollte dieser Fall eintreten, müsste der Arzt gezielt die Krankenkasse ansprechen bzw. sich über Alternativen Gedanken machen. Sollten SIE Zweifel habe, sollte sowohl der Arzt wie auch der Apotheker Ansprechpartner sein. Bevor sie also ein Medikament nicht mehr einnehmen, sollten sie auf jeden Fall Rücksprache halten.


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