ADHS / Hyperkinetisches Syndrom (HKS) und Ergotherapie

Gechrieben von: Martin Winkler

Erstversion: 11 Jun 2005. Letzte Änderung: 20 Okt 2008.

Frage:

 Hilft Ergotherapie beim Hyperkinetischen Syndrom (HKS) / ADS & ADHS?
Hilft Ergotherapie bei ADHS?

Antwort:

Bisher gilt in Deutschland die Ergotherapie als "entbehrliche" Behandlung im Rahmen eines multimodalen Therapieansatzes bei ADS / ADHS. Dies mag überraschen, weil sicherlich in der tagtäglichen Praxis die Verordnung von Ergotherapie das häufigste Therapieangebot bei Kindern im Vor- und Schulalter mit einem Hyperaktivitätssyndrom (HKS) sein dürfte.

Wie jedoch die Fachgesellschaften für Kinder- und Jugendpsychiatrie feststellen fehlen wissenschaftliche Belege, die die dauerhafte Effektivität im Sinne einer spezifischen Wirksamkeit der Ergotherapie nachweisen würde. Dies bedeutet nun aber nicht, dass eine solche Verordnung nun grundsätzlich sinnlos wäre.

Aus medizinischer Sicht wäre jedoch zu fordern, dass eine umfassende Diagnostik und daraus abgeleitet eine störungsspezifische Behandlung der ADHS erfolgen sollte. Eine immer wieder verlängerte Ergotherapie des Hyperkinetischen Syndroms sollte sehr sehr kritisch hinterfragt werden.

Eine reine "Sensorische Integrationstherapie" ist aus heutiger Sicht selten indiziert für die Hauptproblematik der ADHS-Kinder. Sie kann aber sinnvoll sein, wenn tatsächlich begleitende Wahrnehmungs- und Motorikstörungen bestehen.

Neuere Ergotherapeutenangebote bieten in einem "Rundlos-Sorglos-Paket" eine Mischung von Elterntraining und Information, Bausteine einer Verhaltenstherapie bzw. sozialer Kompetenz und Kommunikation und spezifische Trainings von Wahrnehmung, Motorik und Koordination. So sinnvoll dies auch zunächst erscheinen mag (und in aller Regel auch gut gedacht bzw. geschult), so muss doch kritisch hinterfragt werden, ob die Ergotherapie die gleiche Wirkung wie bisher empfohlene multimodale Therapieangebote beim Kinderpsychologen bzw. Kinderpsychiater haben kann. Paradoxerweise erhalten dann Ergotherapeuten für eine Leistung, die eigentlich eine weit längere Ausbildung und Qualifikation (sowie eine Antragstellung der individuellen Therapie bei einem Gutachter) erfordern würden, sogar leichter ud sicherer eine Bezahlung als ein Kinderarzt oder Kinderpsychiater selber. Verkehrte Welt also, die eine fragwürdige weitere Entwicklung aufzeigt.

Positiv anzumerken ist, dass Kinder in aller Regel sehr gerne zur "Ergo" gehen, da sie dort sehr individuell und erlebnisorientiert eine Therapie erhalten, die durchaus Spass und Erfolge vermittelt. Schon allein das kann "heilsam" sein, da Erfolge als Motivation für ADHS-Kinder sehr wichtig sind. Liegen Wahrnehmungssstörungen bzw. eine motorische Ungeschicklichkeit vor, kann dies gezielt geübt werden. Sicherlich ist es auch sinnvoll, dass Kinder mit ADHS über wiederkehrende Handlungsabläufe eine bessere Handlungsplanung und Automatisierung von wiederkehrenden Abläufen (z.B. Anziehen, Zeit bis zur Schule, wiederkehrende Aufgaben) üben.

Haben sich Ergotherapeuten mit den modernen Behandlungskonzepten der ADHS beschäftigt, so kann in Kooperation mit anderen Berufsgruppen eine ergotherapeutische Arbeit u.a. hilfreich sein:

Ergotherapie bei ADHS im Erwachsenenalter

Auch im Erwachsenenalter kann grundsätzlich Ergotherapie im Rahmen einer funktionellen Therapie zur Verbesserung von Alltagsfertigkeiten eine Hilfe sein. Hierbei werden dann Coaching-Ansätze in die Behandlung integriert
Bei Interesse bieten wir hierzu spezielle Workshops für Ergotherapeutinnen an. Fortbildungen bietet u.a. die Fortbildungsagentur Workshops und Fortbildungen zu ADHS und Emoflex in Norddeutschland an.