Frage:
Muss man eine vorschnelle Diagnosestellung und Verordnung von Stimulanzien bei Kindern- und Jugendlichen mit ADHS befürchten?Antwort:
Viele Eltern und auch Therapeuten nehmen zunächst eine kritische Stellung in bezug auf die Diagnose bzw. Art der Diagnosestellung bei Kindern mit hyperaktivem Verhalten und Aufmerksamkeitsstörungen ein.J. Martinius von der Universitätsklinik Würzburg spricht in einem kritischen Artikel von 4 Missverständnissen, denen man leicht unterliegen könnte More.:
Martinius kritisiert, dass zur sicheren altersgerechten Diagnostik von ADHS ein hoher Beobachtungsaufwand erforderlich wäre, der in der Praxis nicht immer gewährleistet sei. Gerade der "unaufmerksame Subtyp" werde "mit Sicherheit" zu häufig diagnostiziert, weil sich die Diagnostiker "nicht die Mühe machen", die Kriterien genau zu beachten.
Der Autor kritisiert, dass eine positive Wirkung von Stimulanzien nicht auf eine Ursache ADHS schliessen lasse, da Stimulanzien auch bei "Müden" unspezifisch wirken. Herr M. sieht die Gefahr, dass Ärzte auf ein Bedürfnis von Familien einem Druck nachgeben könnten und ungerechtfertigt bzw. vorschnell Medikamente einsetzen könnten.
Auch wenn Martinius anerkennt, dass es zahlreiche neurobiologische Unterschungen zur Genese bzw. Normvarianten bei ADHS gebe, so ist doch die Ursache von ADHS dadurch noch nicht schlüssig bewiesen. Vielmehr spricht er von einem "lückenhaften Denkschema".
Damit ist gemeint, dass vorschnell aus den positiven Veränderungen einer medikamentösen Therapie auf die Ursache geschlossen werden könnte und fälschlich Medikamente zur Diagnosesicherung verwendet würden. Dies beinhaltet die grosse Gefahr, dass nicht nur falsch diagnostiziert würde sondern eben auch begleitende Störungen oder zugrunde liegende psycho-soziale Belastungsfaktoren nicht erkannt würden.