ADHS Schwerpunkt Saale Klinik 1
06628 Bad Kösen
Frage:
Was muss man bei der Behandlung mit Attentin wissen ? Ist Attentin gefährlicher als Methylphenidat ?Antwort:
Dextro-Amphetamin Psychostimulans zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen Attentin (Dextroamfetamin / Dextroamphetamin) gehört zu den Betäubungsmitteln (BTM)
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Seit Ende 2011 ist mit Attentin(R) der Firma Medice erstmals ein Fertigpräparat auf Amphetamingrundlage zur Behandlung von Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen zugelassen. Zwischenzeitlich gibt es mit Elvanse(R) ein weiteres Amphetaminderivat auf dem Markt.
Zusätzlich sind nur durch den Apotheker herstellbare Darreichungsformen von Amphetaminsaft (meistens dann DL-Amphetaminsaft, seltener auch D-Amphetamintropfen) bekannt, in Deutschland aber eben noch nicht (bzw. jetzt nicht mehr) so häufig eingesetzt.
Attentin hat zudem eine besondere Zulassungsbeschränkung : Dieses Mittel sollte selbstredend immer im Rahmen einer Gesamtbehandlungsstrategie = multimodalen Therapie bei ADHS eingesetzt werden. Dabei ist die Zulassung auf Therapiefälle beschränkt, bei denen zuvor eine Behandlung mit Methylphenidat (z.B Medikinet, Ritalin und Retardpräparate wie Concerta ) und Strattera (Wirkstoff Atomoxetin) nicht erfolgreich war.
Für Erwachsenen ist Attentin zwar im Prinzip erhältlich, wird aber nicht von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Auf den Webseiten des Herstellers von Attentin erhält man schon ganz gute Informationen zur Dosierung, zu Nebenwirkungen bzw. Gegenanzeigen bei der Behandlung mit Amphetaminpräparaten.
Grundsätzlich sind Amphetamine genauso wirksam bzw. sicher wie MPH in der Behandlung von ADHS. In den USA und Canada sind sie sogar weit häufiger eingesetzt. In Deutschland gab bzw. gibt es unter vielen Kinder- und Jugendpsychiatern bzw. Kinderärzten noch Vorbehalte. Dies mag durch die Befürchtung begründet sein, dass Amphetamin-Derivate möglicherweise illegal weitergegeben oder missbraucht werden könnten. In den bisherigen klinischen Untersuchungen hat sich aber kein erhöhtes Abhängigkeits- oder Missbrauchsrisiko ergeben.
In 70-80 Prozent der behandelndelten "ADHS-Fälle" ist eine Wirkung von Amphetamin nachweisbar. Dies ist genauso hoch wie bei anderen Psychostimulantien. In den internationalen Leitlinien wird empfohlen, bei fehlender Wirkung unter Methylphenidat zunächst auf Amphetamin zu wechseln. Dann wäre als 3. Wahl ein Behandlungsversuch mit Strattera zu überlegen. In Deutschland wird dagegen bisher Attentin aber nur als Reservetherapeutikum bei fehlender Wirkung von MPH und Strattera empfohlen (siehe oben)
Die Effektstärke des Dexamphetamin ist in etwa doppelt so hoch, wie die von Methylphenidat (d.h. z.B. 10mg Attentin entsprechen in etwa 20mg MPH).
Das bedeutet, dass man dann eben nicht 1:1 die Dosierungen übernimmt, sondern wesentlich weniger Wirkstoff als bei der bisherigen Stimulanzienbehandlung mit Ritalin bzw. Medikinet benötigt.
Man beginnt in aller Regel mit 5 mg Attentin (Dextroamphetamin) als Einzeldosis. Diese kann dann auf 10 mg bis maximal 20 mg erhöht werden.
Die Wirkdauer beträgt etwa 6 Stunden (unretardiertes MPH = etwa 4 Stunden). Dabei beschreiben die Patienten häufig, dass das Amphetaminpräparat etwas langsamer "anflutet" bzw. auch wieder in der subjektiven Wirkung abflutet. Die Amphetamine haben also weniger ein "on-off-Phänomen", was einige Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit ADHS als angenehmer empfinden.
Subjektiv geben zudem gerade Mädchen und Frauen an, dass Stimmungsschwankungen im Rahmen der ADHS-Symptomatik unter Amphetamin-Derivaten etwas günstiger zu beeinflussen sind als unter Methylphenidat.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Nebenwirkungen von Attentin nicht von den Nebenwirkungen von Methylphenidat. Das Medikament ist in den allermeisten Fällen gut verträglich und sicher. Wenn Nebenwirkungen auftreten, sollte man eine Weiterverordnung nach meiner subjektiven Meinung nicht machen. Dies ist aber sehr sehr selten.
Untersuchungen vor und während einer Therapie mit Attentin (siehe Infos des Herstellers und Aufklärung durch den verordnenden Arzt)
Da Attentin (Dextroamfetamin) ja ein Reservetherapeutikum ist, sind in aller Regel schon zuvor die Diagnose ADHS gesichert bzw. Voruntersuchungen auch in Hinblick auf Laborwerte bzw. Gewicht, Grösse, Puls und Blutdruck erfolgt. Es sind keine speziellen Untersuchungen erforderlich, die darüber hinaus gehen würden.
Da aber ein Psychostimulans wie Amphetamin eben den Appetit verändern kann, sind Untersuchungen bzw. Verlaufsuntersuchungen von
Natürlich wird man auch auf Veränderungen der Stimmung bzw. des Verhaltens achten. Ich weise Eltern darauf hin, dass sich nach einigen Tagen häufig eine Art "Traurigkeit" bzw. depressive Symptomatik einstellen kann. Das ist für mich keine "Nebenwirkung", sondern eine Wirkung des Medikamentes. Die Kinder bzw. Jugendliche nehmen sich und ihre Umwelt "echter" war. Es ist wichtig, sie in dieser Phase zu begleiten, zumal häufig die eigene Ausgrenzung, Schulprobleme oder auch begleitende andere Lernstörungen bzw psychische Probleme jetzt erstmals "spürbarer" werden.
Weitere Nebenwirkungen in der Anfangsphase müssen auch untersucht werden. Hierzu gehören vor allem :
Bei allen Nebenwirkungen gilt : Sie dürfen nicht länger als vielleicht 2 bis 3 Tage anhalten und sind Anpassungsprobleme des vegetativen Nervensystems auf das Psychostimulans
Aus Sicht der Eltern bzw. der Umgebung sind sog. Tic-Störungen mit unwillkürlichen Zuckungen z.B. der Augenlider oder anderer Muskeln alarmierend. Dies ist meist ein bereits vorher bestehendes Begleitphänomen zusätzlich zur ADHS-Symptomatik. In seltenen Fällen mag es zu einer Verschlechterung der Tics unter der Medikation kommen. Meistens nehmen Tics aber eher im Verlauf wieder ab, da die Stressbelastung insgesamt geringer wird.